Die Viren der Tiere - Gießener Forscher untersuchen die gefährlichen Influenza-Erreger
Übertragung von Influenza-Viren zwischen verschiedenen Spezies und deren Rolle bei Lungenentzündungen im Fokus
Das Projekt von Prof. Pleschka wurde nach drei erfolgreichen Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in die zweite Förderperiode aufgenommen; Prof. Lohmeyer, bislang assoziiertes Mitglied des Forschungsverbunds, kam mit seinem Projekt neu hinzu. Dr. Helge Braun, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, hat am 13. Januar 2011, die Bewilligungsbescheide in Höhe von insgesamt rund 300.000 Euro in Gießen übergeben.
Prof. Pleschka untersucht die Rolle der genetischen Neuverteilung zwischen verschiedenen Influenza-Viren und von Mutationen bei der Übertragung von Influenza-A-Viren zwischen verschiedenen Spezies. Zwischen verschiedenen Virus-Stämmen sollen gezielt Segmente des Genoms ausgetauscht werden, außerdem wollen die Forscher Mutationen in den Viren erzeugen. Anschließend untersuchen sie die die Auswirkungen des Genomsegmentaustauschs beziehungsweise der Mutationen in vitro im Zellkultursystem. Die erzeugten Virusvarianten werden in verschiedenen Säuger- und Vogel-Zellkultursystemen untersucht auf ihre Vermehrungsrate, ihre Gewebespezifität und ihre Fähigkeit, die zelluläre Immunantwort zu unterdrücken. Weiterhin sollen ausgewählte Virusvarianten im Tierversuch getestet werden. Das Teilprojekt wird von Januar 2011 bis Dezember 2013 mit rund 187.000 Euro gefördert; in der ersten Förderperiode (2007 bis 2010) wurde es bereits mit 218.000 Euro vom BMBF unterstützt.
Prof. Lohmeyer und Ko-Projektleiterin Dr. Susanne Herold (Zentrum für Innere Medizin) beschäftigen sich mit den Pathogenitätsfaktoren von pandemischen und hochpathogenen Influenza-Viren, die zu schweren Lungenentzündungen (Pneumonien) mit Lungenversagen führen können. Die humane Influenza-Pneumonie ist gekennzeichnet durch eine rasche Ausbreitung in die äußeren Bereiche des Respirationstrakts mit der Infektion von Lungenzellen. Neben diesem durch die Viren direkt verursachten zytopathischen Effekt führen Immunreaktionen des Wirts zum programmierten Zelltod bestimmter Lungenzellen und einem schweren Schaden der Barriere zwischen Lunge und Blutgefäßen. Die Folgen sind Lungenödeme („Wasserlunge“) und ein schwerer Sauerstoffmangel. Die molekularen Signalpfade, die den entzündungsgetriebenen Zelltod vermitteln, und die Mechanismen des Virus-induzierten akuten Lungenversagens sind weitgehend unklar. Die Gießener Forscher wollen daher Pathogenitätsfaktoren auf Virus- und Wirtsseite analysieren, die die schwere Schädigung der Lungenzellen nach der Infektion mit Influenza-Viren vermitteln. Ziel ist außerdem, die molekularen Mechanismen zu entschlüsseln, die nach einer Infektion mit verschiedenen Influenza-Viren zu der überschießenden Immunreaktion des Wirts führen, den programmierten Zelltod auslösen und den Flüssigkeitstransport in der Lunge hemmen. Die Förderperiode dieses Teilprojekts begann bereits im Oktober 2010; für drei Jahre wurden rund 130.000 Euro vom BMBF bewilligt.
Ziel des Verbunds FluResearchNet ist die Charakterisierung der Virus-Wirtsbeziehungen sowie der viralen, zellulären und genetischen Determinanten, die den Übertritt des Influenza-Virus auf eine andere Spezies beeinflussen. In der aktuellen zweiten Förderphase werden die Analyse von Pathogenitätsmechanismen weiter verfolgt und neueste Entwicklungen bei der Influenza wie das Auftreten von H1N1-Viren analysiert – ein Subtyp dieses Virus hatte 2009/2010 die Schweinegrippe ausgelöst.