Pathogenen Hefen auf der Spur
Mehr als die Hälfte aller Menschen beherbergen in ihrem Körper den Untermieter Candida albicans. Der Hefepilz ist auf der Haut, Schleimhäuten oder im Darm zu finden - oft ohne Beschwerden zu verursachen. Gefährlich wird der Pilz jedoch Patienten, deren Immunsystem geschwächt ist - etwa nach Organtransplantationen oder der Chemotherapie bei Krebs. Der Pilz dringt dann in tiefere Gewebeschichten vor und breitet sich über das Blutsystem im gesamten Körper aus. Allein in Deutschland sterben mehrere tausend Menschen im Jahr an systemischen Candida-Infektionen.
Doch warum wird Candida albicans für den Menschen lebensbedrohlich? Welche Gene sind im pathogenen Zustand aktiv? Gibt es Wechselwirkungen zwischen Wirt und dem Pilz? Welche Schutzmechanismen des Menschen können den pathogenen Zustand verhindern? Diese und weitere Fragen untersuchen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart. Dazu nutzen sie auch Next-Generation Sequenzierungstechnologien.
Der große Vorteil der neuen Technik: Sie lässt sich automatisieren und beschleunigt die Analyse des Erbguts enorm. So lässt sich innerhalb weniger Wochen zum Beispiel das Genom eines Menschen entschlüsseln und die Basenabfolge der DNA feststellen. Zum Vergleich: Fünf große Forschungszentren mit 150 Mitarbeitern arbeiteten sieben Jahre daran, um erstmals das menschliche Genom zu sequenzieren. Das Humane Genom Projekt kostete etwa drei Milliarden US-Dollar. 2001 wurde die Sequenz der etwa 3 Milliarden Basen des menschlichen Genoms veröffentlicht.
Forscher des IGB nutzen diese Next-Generation Sequenzierung, um herauszufinden, welche Gene am Ausbruch der Krankheit seitens des Pilzes und des Wirts beteiligt sind. Die Forscher arbeiten dazu unter anderen mit systembiologischen Ansätzen, die zur Aufklärung der wesentlichen Pathogenese-Mechanismen beitragen sollen.
Zunächst isolieren die Forscher aus den humanpathogenen Hefen die mRNA - das heißt die Kopien aller aktiven Gene. Die Forscher wandeln dann die mRNA in DNA um, um diese anschließend zu fragmentieren und zu sequenzieren. Der Trick bei der Next-Generation Sequenzierung: Es werden nicht nur einige wenige Fragmente sequenziert, sondern Millionen DNA-Fragmente simultan. Dabei dient ein Einzelstrang der DNA als Matrize. An diesem synthetisiert ein Enzym den zweiten DNA-Strang neu - Baustein für Baustein parallel auf engstem Raum. Um diesen Prozess verfolgen zu können, ist jeder der vier verschiedenen Bausteine (die Basen: Adenin A, Guanin G, Cytosin C oder Thymin T) mit einem anderen fluorenszienden Farbstoff markiert. Ein Detektor erfasst flächenabdeckend die unterschiedlichen Lichtsignale. So lässt sich die Basenabfolge jedes Fragments auslesen. Die enormen Datenmengen werden dann bioinformatisch ausgewertet und die Forscher können direkt erfahren, welche Gene aktiv sind.
»Mit diesem Next-Generation-DNA-Sequenzierer lassen sich im Hochdurchsatz bis zu 100 Mio DNA-Fragmente mit einer Leselänge von bis zu 500 Basen parallel sequenzieren«, erläutert Dipl.-Biologe Christian Grumaz vom IGB. »Die Methode erlaubt es erstmals, gleichzeitig hochsensitive Transkriptionsprofile von humanpathogenen Pilzen und den infizierten Wirtszellen simultan zu erhalten«, sagt Dr. Kai Sohn vom IGB. Davon erhoffen sich Forscher, entscheidende Rückschlüsse darauf, warum der Pilz gerade für bestimmte Menschen mit einem geschwächten Immunsystem so gefährlich ist.
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