Zweifel an mutmaßlicher Todesursache Tutanchamuns
Hamburger Tropenmediziner vermuten eine Sichelzellerkrankung
Im Februar 2010 veröffentlichten Dr. Hawass und Kollegen in der amerikanischen Zeitschrift „Journal of the American Medical Association“ (JAMA), dass sie in der Mumie Tutanchamuns mit Gentests spezifische Gen-Abschnitte des Malariaparasiten Plasmodium falciparum nachgewiesen hatten. Gleichzeitig zeigten computertomographische Aufnahmen neben umschriebenen Knochendefekten zwei verkürzte Mittelfußknochen des linken Fußes. Aufgrund dieser Befunde vermutete die Gruppe um Hawass eine Malaria in Kombination mit der sogenannten Köhlerschen Knochenkrankheit als Todesursache Tutanchamuns.
In einem jetzt veröffentlichten Kommentar (JAMA) schlagen die Forscher des BNI vor, den Pharao mit weiteren DNA-Tests zu untersuchen, um die Sichelzellkrankheit als Todesursache nachzuweisen oder auszuschließen. Den Forschern vom BNI war aufgefallen, dass sich die Daten, die Hawass und seine Kollegen veröffentlicht hatten, unter Berücksichtigung von Aspekten der medizinischen Radiologie, der genetischen Epidemiologie und der Malariaforschung auch anders interpretieren lassen.
Laut Timmann seien die radiologischen Ergebnisse der Gruppe um Hawass zwar mit der Köhlerschen Erkrankung vereinbar, doch seien diese Defekte ebenso für die Sichelzellkrankheit typisch. "Tropenmedizinern ist außerdem bekannt, dass in Malariagebieten Todesfälle aufgrund von Malaria meist im Kindesalter auftreten", erklärt Timmann. Tutanchamun sei jedoch erst im jungen Erwachsenenalter gestorben, womit eine tödlich verlaufende Malariainfektion wenig plausibel scheine.
Sichelzellkrankheit häufig in Malariagebieten
Bei der Sichelzellkrankheit nehmen die roten Blutzellen unter bestimmten Bedingungen eine Sichelform an, verschließen Blutgefäße und können dadurch Organe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Sind Knochen betroffen, können Knochenläsionen die Folge sein.
„Die genetischen Anlagen für die Erbkrankheit werden in den Regionen gefunden, in denen Malaria gehäuft auftritt oder auftrat, unter anderem auch im alten und modernen Ägypten. Die Sichelzellkrankheit kann sich erst dann manifestieren, wenn ein Nachkomme von beiden Elternteilen Sichelzellanlagen geerbt hat - eine sogenannte rezessive Vererbung also", erklärt Meyer.
Gleich mehrere Aspekte sind grundsätzlich mit dem Erbgang und dem Auftreten einer Sichelzellkrankheit in der königlichen Pharaodynastie vereinbar. Dazu zählen der vorgeschlagene Stammbaum, die vermutliche Geschwisterschaft von Tutanchamuns Eltern und die damit erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer rezessiven Erbkrankheit sowie das angenommene höhere Alter vieler Familienmitglieder der Tuthmosidenlinie.
Originalveröffentlichung: Timmann C., Meyer C.; "King Tutankhamun’s Family and Demise"; JAMA 2010; 303(24):2473
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