Schillernde Bakterien: Neue Erkenntnisse eröffnen Chancen für nachhaltige Farbtechnologien

Vorhersagen mit künstlicher Intelligenz

10.07.2024
Colin Ingham

Kolonien des Meeresbakteriums Marinobacter alginolytica. So wie die Federn des Pfaus leuchtende Farben aufweisen, sind diese Farben auf geordnete Strukturen zurückzuführen, die einen photonischen Kristall bilden und Interferenzeffekte verursachen.

Ein internationales Forschungsteam hat den Mechanismus untersucht, der einige Bakterienarten dazu bringt, Licht zu reflektieren, ohne Pigmente zu verwenden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessierten sich für die Gene, die diesen Mechanismus auslösen und entdeckten dabei wichtige ökologische Zusammenhänge. Diese Erkenntnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.

Die schillernden Farben, die man von Pfauenfedern oder Schmetterlingsflügeln kennt, entstehen durch winzige Strukturen, die das Licht auf besondere Weise reflektieren. Einige Bakterienkolonien bilden ähnlich glitzernde und schillernde Strukturen. In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, dem Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen, der Universität Utrecht, der Universität Cambridge und dem Netherlands Institute for Sea Research sequenzierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena die DNA von 87 gefärbten und 30 farblosen Bakterienstämmen und identifizierten die Gene, die für diese Kolonien verantwortlich sind. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung umweltfreundlicher Farbstoffe und Materialien führen. Ein Hauptinteresse des kooperierenden Biotechnologieunternehmens Hoekmine BV.

Vorhersagen mit künstlicher Intelligenz

Die Forschenden nutzten Künstliche Intelligenz, um ein Modell zu entwickeln, das auf der Grundlage der DNA vorhersagen kann, welche Bakterien diese Farben produzieren. "Mit diesem Modell haben wir über 250.000 bakterielle Genome und 14.000 Umweltproben aus internationalen Open-Science-Repositorien analysiert", sagt Prof. Bas E. Dutilh, Professor für Virale Ökologie und Omics an der Universität Jena und Forscher im Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“Externer Link. "Wir haben herausgefunden, dass die Gene, die für die strukturelle Farbe verantwortlich sind, hauptsächlich in Ozeanen, Süßwasser und in speziellen Lebensräumen wie Gezeitenzonen und Tiefseegebieten vorkommen. Im Gegensatz dazu weisen Mikroben in wirtsassoziierten Lebensräumen, wie dem menschlichen Mikrobiom, nur eine sehr geringe strukturelle Farbe auf."

Ökologische Bedeutung und zukünftige Anwendungen

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Farbigkeit der Bakterienkolonien nicht nur dazu dienen, Licht zu reflektieren. Überraschenderweise kommen diese Gene auch in Bakterien vor, die in tiefen Ozeanen ohne Sonnenlicht leben. Dies könnte bedeuten, dass die Farben tiefere Prozesse der Zellorganisation mit wichtigen Funktionen widerspiegeln könnten, wie z. B. den Schutz der Bakterien vor Viren oder die effiziente Besiedlung von schwimmenden Nahrungspartikeln. Diese Erkenntnisse könnten neue, nachhaltige Technologien inspirieren, die auf diesen natürlichen Strukturen basieren.

Exzellente Zusammenarbeit in der Forschung

Das internationale Forschungsprojekt zeigt beispielhaft, wie zwei Profillinien der Friedrich-Schiller-Universität Jena, LIFE und LIGHT, zueinander finden können. Es entspricht so auch den Zielen des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“, in dem Prof. Dutilh seit 2021 als „Alexander von Humboldt-Professor“ eine von vier "Microverse Professuren" innehat. Der Exzellenzcluster erforscht die komplexen Beziehungen innerhalb mikrobieller Gemeinschaften. Die Rolle der Koloniestruktur in der mikrobiellen Interaktion ist eine der zentralen Forschungsfragen.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...