Supraleitende Nanodrähte detektieren einzelne Protein-Ionen
Nachweiseffizienz dank extremer Empfindlichkeit 1.000-fach höher als bei konventionellen Ionendetektoren
Copyright: CC BY-ND 4.0 Quantum Nanophysics University of Vienna
Der Nachweis, die Identifizierung und die Analyse von komplexen Molekülen sind für verschiedene Bereiche der Biowissenschaften wie z.B. der Proteinforschung, Diagnostik oder Analyse extrem wichtig. Als Nachweissystem wird oft die Massenspektrometrie eingesetzt – eine Methode, die geladene Teilchen (Ionen) üblicherweise nach ihrem Masse-zu-Ladung-Verhältnis trennt und über einen Detektor die Intensität der dort erzeugten Signale misst. Dies gibt Auskunft über die relative Häufigkeit der verschiedenen Ionenarten und damit über die Zusammensetzung der Probe. Mit herkömmlichen und bisher eingesetzten Detektoren konnten eine hohe Nachweiseffizienz und räumliche Auflösung jedoch nur für Teilchen mit hoher Aufprallenergie erzielt werden – Abhilfe für diese Limitierung schaffte nun ein internationales Forschungsteam mit dem Einsatz von supraleitenden Nanodrahtdetektoren.
Vereinte Kräfte für Teilchen mit niedriger Aufprallenergie
Ein europäisches Konsortium unter Koordination der Universität Wien, mit Partnern in Delft (Single Quantum), Lausanne (EPFL), Almere (MSVision) und Basel (Universität), demonstriert in der aktuellen Studie erstmals die Anwendung supraleitender Nanodrähte als hervorragende Detektoren für Proteinstrahlen in der sogenannten Quadrupol-Massenspektrometrie. "Wenn wir anstatt herkömmlicher Detektoren nun supraleitende Nanodrähte einsetzen, dann können wir sogar Teilchen identifizieren, die mit niedriger kinetischer Energie auf den Detektor eintreffen", erklärt Projektleiter Markus Arndt von der "Quantum Nanophysics Group" an der Fakultät für Physik der Universität Wien. Möglich wird dies durch eine besondere Eigenschaft (Supraleitfähigkeit) der Nanodrahtdetektoren.
Mit Supraleitfähigkeit zum Ziel
Der Schlüssel zu dieser Detektionsmethode liegt darin, dass Nanodrähte bei sehr niedrigen Temperaturen in einen supraleitenden Zustand übergehen, in dem sie ihren elektrischen Widerstand verlieren und einen verlustfreien Stromfluss ermöglichen. Die Anregung der supraleitenden Nanodrähte durch eintreffende Ionen bewirkt eine Rückkehr zum normalleitenden Zustand (Quantenübergang). Die Änderung der elektrischen Eigenschaften der Nanodrähte bei diesem Übergang wird als Detektionssignal interpretiert. "Mit den verwendeten Nanodrahtdetektoren", so Erstautor Marcel Strauß, "nutzen wir den Quantenübergang vom supra- zum normalleitenden Zustand und können so herkömmliche Ionendetektoren in ihrer Nachweisleistung um bis zu drei Größenordnungen übertreffen." Tatsächlich weisen Nanodrahtdetektoren eine bemerkenswerte Quantenausbeute bei außergewöhnlich niedrigen Aufprallenergien auf – und definieren die Möglichkeiten herkömmlicher Detektoren neu: "Darüber hinaus kann so ein Quantensensor die Moleküle nicht nur nach ihrem Masse-zu-Ladung-Zustand unterscheiden, sondern auch nach ihrer kinetischen Energie klassifizieren. Dies verbessert die Detektion und erlaubt uns auch die räumliche Auflösung der Detektoren zu verbessern", so Marcel Strauß. Nanodrahtdetektoren können neue Anwendungen in der Massenspektrometrie, Molekülspektroskopie, Moleküldeflektometrie oder Quanteninterferometrie von Molekülen finden, wo eine hohe Effizienz und gute Auflösung gerade bei kleiner Impact-Energie erforderlich ist.
Originalveröffentlichung
Marcel Strauß, Armin Shayeghi, Martin F. X. Mauser, Philipp Geyer, Tim Kostersitz, Julia Salapa, Oleksandr Dobrovolskiy, Steven Daly, Jan Commandeur, Yong Hua, Valentin Köhler, Marcel Mayor, Jad Benserhir, Claudio Bruschini, Edoardo Charbon, Mario Castaneda, Monique Gevers, Ronan Gourgues, Nima Kalhor, Andreas Fognini, Markus Arndt; "Highly sensitive single-molecule detection of macromolecule ion beams"; Science Advances, Volume 9