Die 3D-gedruckte Tablette
Herstellung personalisierter Medikamente durch 3D-Druck
Max Gmelch, SAOT
Der 3D-Druck ist vielen bereits aus der Industrie ein Begriff: So lassen sich schon heute maßgeschneiderte Bauteile und Werkzeuge aus den unterschiedlichsten Materialien rasch herstellen. Aber auch in der Medizin ist er bereits von großer Bedeutung: Prothesen und Implantate, Zahnersatz und Hörgeräte können für Patientinnen und Patienten passend gedruckt werden. Dabei soll es aber nicht bleiben: Die Herstellung von Medikamenten im 3D-Druck-Verfahren ist Gegenstand aktueller Forschung. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es können nicht nur verschiedene Wirkstoffe kombiniert werden, auch deren Dosis lässt sich auf den aktuellen Tagesbedarf der Patient/-innen zuschneiden. Die Behandlung wird individueller, einfacher und sicherer.
Neue Schicht, neuer Wirkstoff
Bisherige Ansätze konzentrierten sich auf den sogenannten FDM-Druck (fused deposition modeling), bei dem die Wirkstoffe wie die Sahne auf der Torte mit einer Spritztülle Schicht für Schicht aufgetragen werden. Feine Strukturen innerhalb der Tablette sind damit aber nicht möglich. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt der FAU, des blz, des University College London und der Universität Santiago de Compostela haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher ein neues Verfahren zur Herstellung solcher Tabletten entwickelt. Sie starten dabei mit drei Wirkstoffen in Pulverform, darunter Paracetamol und Koffein, und mischen sie mit wirkstofffreiem Trägerpulver. In einzelnen dünnen Schichten bringen sie das Pulver unter einen Laser, der es zu einer kompakten Tablette verschmilzt. „Unser neues Verfahren verarbeitet die Inhaltsstoffe besonders schonend und ermöglicht den Einsatz herkömmlicher Laserstrahlquellen,“ sagt Sebastian-Paul Kopp, hauptverantwortlicher Wissenschaftler des Projekts. Mussten bisher noch spezielle Absorberpartikel hinzugefügt werden, um die Laserenergie kontrolliert zu nutzen, ist dies mit der FAU-Methode nicht mehr nötig. „Außerdem können wir die Wirkstoffzusammensetzung nicht nur für jede Pille, sondern sogar für jede Schicht der Pille einstellen. Dadurch können wir steuern, wann genau welche Wirkstoffe im Körper freigegeben werden“, erklärt Kopp weiter.
Noch ist der Weg zur maßgeschneiderten Tablette weit, die Forschung ganz am Anfang. Doch eines Tages könnten die Apotheken um die Ecke schnell und unkompliziert Medikamente für Millionen von Patientinnen und Patienten drucken, die exakt auf ihren Bedarf abgestimmt sind. Die Grundlagen dafür werden gerade geschaffen.
Originalveröffentlichung
Sebastian-Paul Kopp, Vadim Medvedev, Katja Tangermann-Gerk, Natalie Wöltinger, Richard Rothfelder, Fabian Graßl, Markus R. Heinrich, Patricija Januskaite, Alvaro Goyanes, Abdul W. Basit, Stephan Roth, Michael Schmidt; "Electrophotographic 3D printing of pharmaceutical films"; Additive Manufacturing, Volume 73