Neue 3D-Spatial-Omics-Technologie ermöglicht die Untersuchung von Krankheiten in ihren frühen Stadien
Wie kann eine einzige kranke Zelle in einem intakten Gehirn oder einem menschlichen Herzen aufgespürt werden?
Helmholtz Munich, Harsharan Singh Bhatia and Ali Ertürk
Die meisten Krankheiten verlaufen zunächst asymptomatisch und Betroffene fühlen sich in der Regel noch gut – die Symptome sind noch nicht vorhanden oder noch zu schwach, um sie zu bemerken. Doch im Körper ist bereits eine Veränderung eingetreten: Ein Virus hat begonnen, sich zu vermehren, oder eine abtrünnige Zelle hat sich häufiger geteilt, als sie sollte. Doch wie können diese Veränderungen wahrgenommen werden?
Forscher:innen stehen vor einem ähnlichen Dilemma, wenn sie die frühe Entwicklung von Krankheiten untersuchen. Selbst wenn sie mit Tiermodellen arbeiten, können die Wissenschaftler:innen nur selten die spezifische Lokalität des Krankeitsursprungs bestimmten, oder die genauen molekularen Veränderungen charakterisieren, die am Fortschreiten der Krankheit beteiligt sind.
Mit der Entwicklung von DISCO-MS durch die Forschungsteams um Ertürk und Mann in Deutschland, ist diese Aufgabe viel einfacher geworden. DISCO-MS kombiniert Methoden, die Gewebe von Mäusen und Menschen transparent machen, mit den neuesten Robotik- und Proteomik-Technologien, um ihre molekulare Zusammensetzung zu bestimmen.
DISCO-MS: Transparenz zur Erkennung früher molekularer Veränderungen
DISCO-MS beginnt mit dem sogenannten DISCO-Gewebe-Clearing, das den Mauskörper oder menschliche Organe transparent und damit für die Bildgebung zugänglich macht. Auf diese Weise können fluoreszenzmarkierte Zellen in intaktem Gewebe, an bestimmten Stellen, mit Hilfe hochauflösender dreidimensionaler Mikroskopie leicht identifiziert werden.
Sobald die interessanten Regionen bestimmt wurden, werden sie mit einer neuen Roboter-Technologie namens DISCO-bot isoliert, die von dem Maschinenbau-Ingenieur Furkan Öztürk, einem Doktoranden in Ertürks Labor, entwickelt wurde. Die robotergestützt entnommenen Gewebe werden für ihre Proteomanalyse mit fortschrittlichen Massenspektrometrie-Methoden verarbeitet, die Andreas-David Brunner entwickelte, ein ehemaliger Doktorand in Manns Labor. Dieser Hightech-Ansatz ermöglicht die vollständige, molekulare Charakterisierung jeder gewünschten Geweberegion, die in 3D in ganzen Mauskörpern oder menschlichen Organen identifiziert wurde.
Früherkennung deckt Krankheiten auf
Um die Leistungsfähigkeit der Methode zu demonstrieren, wendeten der Erstautor, Harsharan Singh Bhatia, und seine Kolleg:innen DISCO-MS auf ein Mausmodell der Alzheimer-Krankheit (AD) und auf atherosklerotische Plaques (krankhafte Verhärtungen und Verengungen von Blutgefäßen) im menschlichen Herzen an.
In den Gewebeproben des Alzheimer-Modells wandte das Team künstliche Intelligenz (KI) an, um die typischen Alzheimer-Plaques in den frühen Stadien der Krankheit zu identifizieren, die mit anderen Methoden bisher nur schwer zu erkennen waren. Anschließende Proteomanalysen der Plaques ermöglichten eine unvoreingenommene und groß angelegte Untersuchung der bei Alzheimer betroffenen Proteine. Dabei wurden neue molekulare Akteure entdeckt, die als Biomarker für die Alzheimer-Krankheit fungieren könnten.
Im menschlichen Herzen interessierten sich die Forscher:innen für die Zusammensetzung des Gewebes um atherosklerotische Plaques, die nach der Gewebeentnahme schnell sichtbar wurden. Die KI-Detektion und die robotergestützte Extraktion der Gewebe ermöglichten die Identifizierung dysregulierter, molekularer Signalwege in den menschlichen Herzzellen, die mit den Aorten-Plaques in Verbindung stehen. Diese Ergebnisse sind von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für potenzielle therapeutische Ziele bilden.
DISCO-MS ist die erste Spatial-Omics-Technologie in intakten 3D-Volumina und beschleunigt somit die Untersuchung komplizierter Krankheiten, von Krebs- bis hin zu Stoffwechsel-Erkrankungen. Da DISCO-MS mit präklinischen und klinischen Geweben arbeitet, ermöglicht die Methode die Untersuchung von Krankheiten in ihren frühesten Stadien und in der Folge auch die Entwicklung potenzieller, neuer Therapeutika.
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