Genschere schützt Gerste
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Mit der Genom-Editierung verbinden sich große Hoffnungen bei der züchterischen Verbesserung von Kulturpflanzen mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel, aber auch in Bezug auf Krankheitsresistenzen und eine nachhaltigere Landwirtschaft. Einem Forschungsteam unter Führung des IPK Leibniz-Institutes ist es nun gelungen, ein Gen in der Gerste mit der Genschere Cas9 so zu verändern, dass für die Wintergerste neue Resistenzen gegen bedeutende Viren zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse wurden im „Plant Biotechnology Journal“ veröffentlicht.
Neben Pilzen und Insekten sind auch Viren ernstzunehmende Schaderreger bei Kulturpflanzen. Bei Getreiden kommt solchen Viren eine wachsende Bedeutung zu, die über Mikroorganismen im Boden auf die Pflanzen übertragen werden. Im Fall der Gerste sind das vor allem das Gerstengelbmosaikvirus (BaYMV) und das Milde Gerstenmosaikvirus (BaMMV). Beide werden im Herbst auf die jungen Keimlinge der Wintergerste übertragen und können Ertragsverluste bis zu 50 Prozent verursachen.
Die Resistenzzüchtung spielt eine wichtige Rolle im Kampf gegen diese Erreger. Zwar sind fast alle aktuellen Wintergerstensorten resistent gegen diese Viren, einige Virusstämme konnten die bestehenden Resistenzen durch genetische Anpassungen jedoch bereits überwinden, so dass ein breites Durchbrechen der natürlichen Abwehr nur noch eine Frage der Zeit ist. Angesichts der Langwierigkeit züchterischer Maßnahmen besteht daher ein dringender Bedarf, neue Resistenzquellen zu identifizieren und über beschleunigte Verfahren für die Züchtung zu erschließen.
Auf der Suche nach solchen neuen Resistenzen hat ein Forschungsteam unter Führung des IPK Leibniz-Institutes Material aus der Genbank des Institutes untersucht. In einigen der alten Landrassen und wilden Verwandten der Kulturgerste wurden sie dabei 2014 fündig. „Diese Untersuchungen haben ergeben, dass das Gen PDIL5-1, das an der Entstehung 3-dimensionaler Proteinstrukturen beteiligt ist, auch eine zentrale Rolle für die Resistenz von Pflanzen gegen diese Viren spielt“, erklärt Robert Hoffie aus der Arbeitsgruppe „Pflanzliche Reproduktionsbiologie“. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Anfälligkeitsfaktor der Gerste. Diesen nutzen die vom Wirt abhängigen Viren, um sich im Pflanzengewebe zu vermehren. „Eine entscheidende Erkenntnis für uns war, dass resistentes Genbankmaterial Varianten des PDIL5-1-Gens enthielt, die durch Mutationen ihre Funktion verloren hatten und so nicht mehr von den Viren für ihre Vermehrung benutzt werden konnte“, sagt der IPK-Wissenschaftler und Erstautor der Publikation.
Das Einkreuzen solcher Resistenz-vermittelnder Genvarianten in das vorhandene Zuchtmaterial der europäischen Wintergersten ist allerdings mühsam und zeitaufwendig. „Daher haben wir die Genschere Cas9 genutzt, um das PDIL5-1 Gen in zwei anfälligen Gerstensorten durch gezielte Mutagenese genau wie in den resistenten Landrassen auszuschalten und auf diese Weise deutlich schneller und ohne darüber hinausgehende genetische Veränderungen in den Gerstensorten zum Erfolg zu kommen“, sagt Robert Hoffie. Die Ergebnisse waren mehr als vielversprechend. „Die gezielt veränderten Pflanzen waren im Gewächshausversuch nicht nur resistent gegen eine Infektion mit dem Gerstenmosaikvirus (BaMMV), sondern es gab auch keine negativen Auswirkungen auf Wachstum und Ertrag.“
„Die Studie zeigt beispielhaft, wie wir das Material der Genbank heute mit überaus effizienten und präzisen biotechnologischen Werkzeugen wie der Genschere Cas9 für die Pflanzenzüchtung nutzen können“, kommentiert Dr. Jochen Kumlehn, Leiter der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe „Pflanzliche Reproduktionsbiologie“. Zugleich öffnen sich mit den neuen Erkenntnissen auch weitere Forschungsansätze. So ist davon auszugehen, dass die Veränderung von PDIL-Genen auch in anderen Pflanzenarten zu Virusresistenzen führen kann.