Warum altern wir?
Mathematische Modellierer sind der Theorie hinter der Evolution des Alterns auf der Spur
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Jahre vergehen für alle: Menschen, Tiere und Pflanzen. Und doch tritt der Laufe der Zeit nicht bei allen Lebewesen gleichermaßen in Erscheinung. Manche altern sehr früh, anderen scheint eine lange Lebenszeit kaum etwas anzuhaben. Der Nacktmull beispielweise ist bekannt dafür, dass ausgewachsene Tiere so gut wie keine Alterungserscheinungen zeigen. Ihr Tod ist gewöhnlich die Folge von Gewalteinwirkung durch ihre Artgenossen.
Mathematische Modellierer sind der Theorie hinter der Evolution des Alterns auf der Spur
Bis vor nicht allzu langer Zeit wurde allgemein angenommen, dass alle Organismen irgendwann altern würden. Der Biologe William D. Hamilton hat diese Zwangsläufigkeit des Alterns vor über 50 Jahren in eine mathematische Formel gegossen. Nach seinen Modellrechnungen entwickelt sich das Altern, weil die Selektion auf bestimmte Merkmale im Laufe der Fortpflanzungszeit abnimmt. Altern wäre dann eine Konsequenz der sinkenden Selektionskraft unter älteren Organismen.
Vor 17 Jahren hat allerdings die Demografin Annette Baudisch (damals Max-Planck-Institut für demographische Forschung, jetzt Professorin in Odense, Dänemark) gezeigt, dass diese scheinbare Zwangsläufigkeit von bestimmten Grundannahmen abhängt, die keineswegs immer gegeben sein müssen. Wenn man diese Parameter in mathematischen Modellen leicht ändert, zeigt sich, dass Fortpflanzungsrate und Selektionskraft nicht mehr kontinuierlich sinken. Ist das Altern also doch nicht so zwangsläufig, wie es schien?
Mit dieser Frage haben sich die Evolutionstheoretiker Stefano Giaimo und Arne Traulsen vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie beschäftigt. Sie entwickelten dafür ein dynamisches mathematisches Modell, das nicht mehr auf der Voraussetzung bestimmter Vorannahmen beruht. Die Forscher ließen ihr Modell immer und immer wieder den Entwicklungsprozess von Lebewesen nachvollziehen. Dabei fanden sie mit theoretischen Methoden heraus, dass sich auch unter diesen dynamischen Bedingungen die Evolution des Alterns immer wieder stabil entwickelt. Sie fanden außerdem, dass als eine Folge des Alterns die Selektionskraft mit dem reproduktiven Alter sinkt.
Sie konnten damit also die klassische mathematische Theorie des Alterns, die von Hamilton aufgestellt wurde, einerseits bestätigen: Die Selektionskraft nimmt mit dem Alter ab. Andererseits aber zeigten sie, dass deren Logik umgekehrt werden muss: Die Selektionskraft schwächt sich mit dem Alter ab, weil sich das Altern entwickelt, und nicht, wie von Hamilton vertreten, umgekehrt.
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