Rettungsnetz für Lupus-Patienten
Forscher klären wesentliche Grundlagen des Krankheitsverlaufs auf
Volker Brinkmann
Systemischer Lupus erythematodes ist eine der am häufigsten auftretenden Autoimmunkrankheiten. Die Symptome sind ungeheuer vielgestaltig und umfassen Hautausschläge, Gelenk- und Muskelschmerzen, Müdigkeit, Entzündungen und Fehlgeburten. Bei einem Drittel der Patienten kommt es zu einem tödlichen Nierenversagen. Über die Ursache und die Grundlagen des Krankheitsverlaufs ist nur wenig bekannt. Die Diagnosestellung ist schwierig, da eine Vielzahl von Symptomen auch bei anderen Erkrankungen auftritt. Sicheres Kennzeichen für Lupus ist die Bildung von Antikörpern gegen körpereigene DNA und gegen bestimmte Proteine, die in Zellkernen und weißen Blutkörperchen vorkommen. Typischerweise verläuft eine Lupus-Erkrankung in Schüben, die oft von einer Infektion ausgelöst werden. Nach Abklingen dieses Schubs geht es den Patienten wieder besser, jedoch nicht so gut wie vor dem Schub. Dies führt zu einer kontinuierlichen Verschlimmerung der Krankheit.
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie vermuteten, dass ein erst kürzlich von ihnen entdeckter Immunmechanismus bei Lupus eine Schlüsselrolle spielt: Während einer Infektion werden weiße Blutkörperchen stimuliert und werfen ein Netz aus, in dem die Krankheitserreger gefangen und abgetötet werden. Dieses Netz besteht aus genau den Bestandteilen, gegen die bei Lupus Antikörper gebildet werden: DNA und Proteine aus dem Zellkern und den weißen Blutkörperchen. In Zusammenarbeit mit einer klinischen Arbeitsgruppe der Universität Erlangen konnten die Forscher erstmals zeigen, dass ein Teil der Lupus-Patienten im Gegensatz zu Gesunden nicht in der Lage ist, diese Netze nach der Infektion wieder abzubauen.
Die Wissenschaftler fanden weiterhin heraus, dass der Abbau der Netze durch das Enzym DNase-1 geschieht, ein Protein, das im Blut vorkommt. Dieses Enzym ist bei einem Teil der Lupus-Patienten entweder nicht vorhanden oder blockiert. Die Untersuchung dieser Patientengruppe ergab, dass sich die nicht abgebauten Netze mit daran gebundenen Antikörpern bereits im Nierengewebe ablagerten. Man kann also davon ausgehen, dass die Lupus-Patienten, die keine Netze abbauen können, ein hohes Risiko für ein Nierenversagen aufweisen. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung eines Tests, der die Früherkennung und rechtzeitige Behandlung dieser Risikogruppe ermöglichen könnte.
Originalveröffentlichung: Abdul Hakkim, Barbara G. Fürnrohr, Kerstin Amann, Britta Laube, Ulrike Abu Abed, Volker Brinkmann, Martin Herrmann, Reinhard E. Voll, and Arturo Zychlinsky; "Impairment of neutrophil extracellular trap degradation is associated with lupus nephritis"; PNAS, 3. Mai 2010, online vorab veröffentlicht
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Antikörper
Antikörper sind spezialisierte Moleküle unseres Immunsystems, die gezielt Krankheitserreger oder körperfremde Substanzen erkennen und neutralisieren können. Die Antikörperforschung in Biotech und Pharma hat dieses natürliche Abwehrpotenzial erkannt und arbeitet intensiv daran, es therapeutisch nutzbar zu machen. Von monoklonalen Antikörpern, die gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, bis hin zu Antikörper-Drug-Konjugaten, die Medikamente gezielt zu Krankheitszellen transportieren – die Möglichkeiten sind enorm.
Themenwelt Antikörper
Antikörper sind spezialisierte Moleküle unseres Immunsystems, die gezielt Krankheitserreger oder körperfremde Substanzen erkennen und neutralisieren können. Die Antikörperforschung in Biotech und Pharma hat dieses natürliche Abwehrpotenzial erkannt und arbeitet intensiv daran, es therapeutisch nutzbar zu machen. Von monoklonalen Antikörpern, die gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, bis hin zu Antikörper-Drug-Konjugaten, die Medikamente gezielt zu Krankheitszellen transportieren – die Möglichkeiten sind enorm.