Wie Bakterien Bakterien jagen
Die Räuber-Beute-Verhältnisse unter Bakterien könnten Ideen für neue antibakterielle Strategien liefern
© Biologie der Mikroorganismen
Bakteriengruppen auf Nahrungssuche
Räuber-Beute-Beziehungen sind uns vor allem aus dem Tierreich bekannt, sie gehören aber auch zur Überlebensstrategie bestimmter Bakterien: Bakterielle Räuber, Prädatoren genannt, töten gezielt Bakterien einer anderen Art ab, um sich von ihnen zu ernähren. Zu den räuberischen Arten zählen viele Myxobakterien, die im Boden weit verbreitet sind und einzigartige Verhaltensmuster zeigen: Zahlreiche Einzelzellen finden sich zu großen Gruppen zusammen, die gemeinsam auf Nahrungssuche gehen oder, bei Nährstoffmangel, dreidimensionale Fruchtkörper bilden. „Die Bewegungsmechanismen der Myxobakterien sind recht gut untersucht, aber zu den molekularen Vorgängen der Prädation und ihrer Bedeutung in komplexen Bakteriengemeinschaften sind noch viele Fragen offen“, so Christine Kaimer.
Das Team der Bochumer Biologie untersucht das bakterielle Prädationsverhalten am Modell des Bodenbakteriums Myxococcus xanthus, von dem bekannt ist, dass es ein breites Spektrum unterschiedlicher Mikroorganismen als Beute nutzen kann. „In dieser Arbeit sind wir der Frage nachgegangen, welche Mechanismen dieser Räuber verwendet, um strukturell unterschiedliche Beutebakterien abzutöten“, erklärt Kaimer. „Dazu haben wir das Prädationsverhalten von M. xanthus gegenüber unterschiedlichen Beutebakterien im Mikroskop genau beobachtet und außerdem die Wirksamkeit verschiedener Proteinfraktionen der Räuberzellen verglichen.“
Direkter Kontakt oder Kontakt in Kombination mit Proteinen
Die Beobachtungen haben gezeigt, dass wohl mehrere Mechanismen unterschiedlich miteinander kombiniert werden: Die Beutezellen werden zunächst von einer Räuberzelle im direkten Zell-Zell-Kontakt getötet. Für Gram-negative Beutebakterien mit einer dünnen Zellwand reicht das aus, um die Zelle auch aufzulösen und an die Nährstoffe im Innern zu gelangen. Zum Zersetzen von Gram-positiven Beutebakterien mit einer dicken Zellwand braucht der Räuber zusätzliche Proteine, die er in die Umgebung freisetzt. „Dafür scheint auch die Bildung größerer Räubergruppen besonders wichtig zu sein“, beschreibt Christine Kaimer.
Die Erkenntnisse sind für die Forschenden ein wichtiger Ausgangpunkt für die weitere Aufklärung der bakteriellen Prädationsmechanismen. Längerfristig erhoffen sie sich Einblicke in die dynamischen Interaktionen in bakteriellen Gemeinschaften und möglicherweise Impulse zur Entwicklung neuer antibakterieller Strategien.