Alzheimer im frühen Stadium kann durch spezielle Ernährung verzögert werden
Bei Patienten mit Nährstoffcocktail schrumpften die Gehirne um 20 Prozent weniger als bei der Vergleichsgruppe
Shutterbug75, pixabay.com
Eine beginnende Alzheimer-Erkrankung macht sich durch eine nachlassende Hirn- und Gedächtnisleistung bemerkbar, vor allem das Kurzzeitgedächtnis leidet. Dies erkennen die Patienten und ihre Angehörigen bereits lange, bevor die eigentliche Demenz ausbricht. „Durch Untersuchungen des Hirnwassers und Kernspintomographie-Aufnahmen des Gehirns, die eine für Alzheimer typische Schrumpfung des Hippocampus sichtbar machen, lässt sich dieses Frühstadium gut feststellen“, erläutert Tobias Hartmann, Professor für Demenzprävention der Universität des Saarlandes, der die europäische Studie LipiDiDiet leitet. In der breit angelegten Untersuchung wurden über dreihundert Teilnehmer mit ersten Symptomen über einen längeren Zeitraum mit einem speziellen medizinischen Nahrungsmittel behandelt.
Erste Zwischenergebnisse dazu wurden in den vergangenen Jahren veröffentlicht, die bereits eine Wirksamkeit belegen konnten. „Aber erst jetzt nach drei Jahren Behandlungszeit offenbarten sich weitgehende Unterschiede zwischen den Studienteilnehmern und der Kontrollgruppe“, erläutert Hartmann. Letztere erhielt ein unwirksames Placebo-Mittel, das aber im Geschmack sowie in der Konsistenz und Farbe identisch war. Weder Patienten, Ärzte noch Wissenschaftler wussten, wem das Placebo oder das Multinährstoffgetränk verabreicht wurde. „Bei den Patienten mit dem Nährstoffcocktail schrumpften die Gehirne der von Alzheimer betroffenen Teilnehmer um 20 Prozent weniger als bei der Vergleichsgruppe, der Veränderungsprozess im Gehirn konnte also deutlich verlangsamt werden. Noch wichtiger war, dass die Hirnleistung während der drei Jahre zwischen 40 bis 70 Prozent weniger nachließ als bei den nicht behandelnden Probanden“, erläutert Hartmann.
„Die positiven Effekte der Behandlung zeigten sich besonders deutlich bei den Teilnehmern, die in einem sehr frühen Alzheimer-Stadium damit beginnen konnten. Zudem konnten wir, was uns selbst überraschte, feststellen, dass die Wirkungen im Laufe der Behandlungszeit zunahmen und sich nicht nur im Bezug auf das Gedächtnis, sondern auch auf andere kognitive Bereiche ausweiteten, je länger die Behandlung andauerte“, erklärt Hartmann. Die Probanden konnten zum Beispiel alltägliche Herausforderungen, wie Rechnungen bezahlen, sich den Weg merken oder auch mit Notfällen umgehen, besser bewältigen als die Kontrollgruppe.
Das für die Behandlung der Alzheimer-Patienten eingesetzte Nährstoffgemisch „Fortasyn Connect“ enthält eine spezielle Kombination aus essentiellen Fettsäuren, Vitaminen und anderen Nährstoffen. Dazu zählen Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure, Uridinmonophosphat, Cholin, die Vitamine B12, B6, C, E und Folsäure sowie Phospholipide und Selen. Frühere präklinische Forschungen des LipiDiDiet-Konsortiums und anderer Laboratorien, etwa des Massachusetts Institute of Technology (MIT), haben gezeigt, dass diese Nährstoffe eine Reihe von für Alzheimer typische Hirnveränderungen reduzieren. Weitere klinische Studien zeigten zudem positive Ergebnisse bei Gedächtnis- und EEG-Messungen, die auf erhöhte Hirnaktivitäten der behandelten Versuchspersonen hinwiesen.
Derzeit leiden etwa 47 Millionen Menschen weltweit an Alzheimer oder einer ähnlichen Demenz, für die es keine Heilung gibt. Binnen der kommenden 20 Jahre soll sich diese Zahl verdoppeln, im Jahr 2050 erwarten die Wissenschaftler rund 130 Millionen Betroffene. „Trotz intensiver Forschung gibt es leider immer noch keine Medikamente, mit der eine Alzheimer-Erkrankung geheilt werden könnte. Einige Medikamente verbessern vorübergehend die Symptome, lassen die Patienten dann aber schon nach einiger Zeit wieder in die Ausgangslage zurückfallen. Vor diesem Hintergrund sind die positiven Effekte, die wir mit dem besonderen Nährstoffgemisch erzielen konnten, ein großer Erfolg. Wir hoffen, dass der Krankheitsverlauf der Studienteilnehmer auch in Zukunft nur langsam fortschreitet, so dass sie auch im hohen Alter ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können“, sagt Tobias Hartmann.