Münstersche Forscher zeigen: "Recycling-Störung" schadet dem Hirn
Signalübertragung im Körper: synaptische Vesikel werden wiederverwertet
In einer Studie wiesen die Wissenschaftler gemeinsam mit einer Göttinger Gruppe nach, dass die Deaktivierung eines einzigen Proteins bei Mäusen zu schlechterer Koordination von Bewegungen und zu einem schwer gestörten räumlichen Langzeit-Erinnerungsvermögen führt. Die Bedeutung der Endosomen beim Vesikelrecycling wird in der Wissenschaft bereits seit 30 Jahren angenommen, konnte bisher jedoch nicht zweifelsfrei bestätigt werden.
Damit Neuronen untereinander und mit anderen Zellen - vor allem Muskelzellen - kommunizieren können, müssen elektrische Signale in chemische Signale umgewandelt werden. Synaptische Vesikel werden im Innern einer Zelle freigesetzt, verschmelzen mit der Zellmembran und setzen dabei chemische Botenstoffe, die Neurotransmitter, frei. Diese Neurotransmitter überwinden den synaptischen Spalt zwischen beiden beteiligten Zellen und lösen an der Außenmembran der nachgeschalteten Zelle wiederum ein elektrisches Signal aus. Dieser Prozess geschieht im gesamten Körper. Anschließend werden die Vesikel wiederverwertet - und zwar sowohl ihre Außenmembranen als auch die enthaltenen Proteine. Wie das genau geschieht, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Besonders die Beteiligung der Frühen Endosomen beim Recycling synaptischer Vesikel im Gehirn war bisher umstritten.
Die Wissenschaftler aus Münster und Göttingen schalteten bei Mäusen ein einziges Protein, die gehirnspezifischen sigma-1B-Untereinheit des Adapterprotein-Komplexes AP-1, aus. AP-1 spielt eine Schlüsselrolle bei der Abschnürung von Vesikeln aus Frühen Endosomen und könnte daher auch für die Bereitstellung synaptischer Vesikel wichtig sein. Die Deaktivierung der sigma-1B-Untereinheit führt tatsächlich zu Defekten im Recycling synaptischer Vesikel, was die Beteiligung der Frühen Endosomen nachweist. Dadurch stehen insgesamt weniger synaptische Vesikel für die Signalweiterleitung zur Verfügung - die betroffenen Tiere können ihre Bewegungen schlechter koordinieren und weisen ein schwer gestörtes räumliches Langzeit-Erinnerungsvermögen auf.
Menschen, die an einer bestimmten mit dem X-Chromosom verknüpften Krankheit leiden, zeigen ähnliche Symptome: Sie sind geistig stark behindert, lernen erst mit vier bis sechs Jahren laufen, entwickeln keine verständliche Sprachfähigkeit und benötigen lebenslang umfassende Pflege. Die Forschung könnte entscheidend zum Verständnis dieser Krankheit beitragen - die Ursache für den Defekt wird am sigma-1B-Locus vermutet, also dem Ort auf dem X-Chromosom, wo die Informationen für die Synthese des Gens gespeichert sind.
Originalveröffentlichung: Glyvuk N et al. (2010); "AP-1/sigma-1B-adaptin mediates endosomal synaptic vesicle recycling, learning and memory"; EMBO Journal 29, 1318 - 1330
Meistgelesene News
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren
Antibody Stabilizer von CANDOR Bioscience
Protein- und Antikörperstabilisierung leicht gemacht
Langzeitlagerung ohne Einfrieren – Einfache Anwendung, zuverlässiger Schutz
DynaPro NanoStar II von Wyatt Technology
NanoStar II: DLS und SLS mit Touch-Bedienung
Größe, Partikelkonzentration und mehr für Proteine, Viren und andere Biomoleküle
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.