Wer hatte schon Corona?

Politik und Wissenschaft starten Studien

06.04.2020 - Deutschland

(dpa) Im Kampf gegen das Coronavirus will die Bundesregierung auch herausfinden, wie groß der Anteil der Menschen ist, die bereits eine Infektion durchgemacht haben. Dafür sollen in der Bevölkerung repräsentative Stichproben genommen werden. Das kündigte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung «maybrit illner» an. Wie weit ist die Wissenschaft hier und welche Probleme gibt es? 

fernandozhiminaicela, pixabay.com, CC0

Symbolbild

Wie wird momentan getestet?

Standard ist der sogenannte PCR-Test. Dabei werden mit einem Stäbchen Abstriche aus Nase oder Rachen genommen, die man im Labor mit Hilfe spezieller Geräte auf Viren-Erbgut untersucht. Ein Nachweis von nicht mehr infektiösen neuartigen Coronaviren wäre nach Angaben des Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité auch über einen Stuhltest möglich. Das sei aber noch nicht so etabliert, hatte er im Podcast beim NDR gesagt. Für einen PCR-Test zahlen die gesetzlichen Krankenkassen 59 Euro, teilte ein Sprecher des Spitzenverbands der Krankenkassen mit. Einen zugelassenen Antikörpertest gebe es derzeit noch nicht.

Wer wird überhaupt getestet?

Das entscheiden Ärzte und Kliniken nach medizinischer Notwendigkeit. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat dafür eine Orientierungshilfe für Ärzte erstellt. Tests werden in der Regel nur veranlasst, wenn ein Verdacht auf eine Infektion besteht. Bei den rund 350.000 Tests pro Woche in Deutschland seien zur Zeit sieben bis acht Prozent positiv, hieß es am Freitag vom RKI.

Was plant die Bundesregierung?

In Zusammenarbeit mit der Wissenschaft will sie herausfinden, wie hoch die Dunkelziffer der Infizierten in Deutschland sein könnte. Die Ergebnisse können dann auch bei der Entscheidung herangezogen werden, welche Maßnahmen zur Eindämmung des Virus weiter aufrecht erhalten werden müssen und welche nicht. Geplant sind repräsentative Stichproben in der Bevölkerung. Antikörper können über Blutproben nachgewiesen werden. Das funktioniert bei Masern beispielsweise ein Leben lang. Kanzleramtsminister Helge Braun kündigte an, «eine große Serie von Menschen, die glauben, sie hätten nie etwas mit Corona zu tun gehabt», auf freiwilliger Basis zu testen, sobald ein zuverlässiger Antikörpertest vorliege.

Aber in München passiert das doch jetzt schon...

Tatsächlich wollen Münchner Forscher seit Sonntag mit Tausenden Bluttests bei zufällig ausgewählten Menschen in der bayerischen Landeshauptstadt der Dunkelziffer auf die Spur kommen. 3000 Haushalte sollen teilnehmen. In Bayern gibt es die meisten nachgewiesenen Erkrankungen - absolut und im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Professor Michael Hoelscher, Leiter der Abteilung Infektions- und Tropenmedizin am Klinikum der Universität München, sagte am Freitag, Antikörpernachweise bei einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus seien momentan sehr schwierig, aber es gebe Methoden, die das möglich machten. Dennoch müsse sich in den nächsten Monaten die Genauigkeit noch erhöhen. «Wir heben aus diesem Grund natürlich alle Proben auf und können, sobald es bessere Tests gibt, die gesammelten Proben noch einmal genauer untersuchen.»

Was ist das Problem mit der Genauigkeit bei Antikörpertests?

Es gibt nicht nur ein Coronavirus, sondern viele. Das Problem beim Antikörpernachweis für Sars-CoV-2 ist nach Angaben von Matthias Orth, Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL), dass es eine sogenannte Kreuzreaktion geben kann. Es werden zwar Antikörper gegen Coronaviren festgestellt, aber es bleibt unklar, gegen welches Virus genau. «Wenn Sie also jetzt zu mir kommen und wollen wissen, habe ich mit einer 100-prozentigen Sicherheit die Covid-19-Erkrankung schon gehabt, dann kann ich die Antwort nicht geben.» Noch unbekannt sei momentan auch, wie lange Antikörper gegen Sars-CoV-2 im Blut nachweisbar seien und wie lange sie vor einer Neuerkrankung schützten. Dennoch seien Studien mit der Antikörperbestimmung epidemiologisch sehr wichtig, sagt Orth.

So wäre zum Beispiel denkbar, eine Bevölkerungsstichprobe in einem Monat zu nehmen und dann erneut in einem anderen Monat. Wenn man davon ausgehe, dass es sich momentan vorrangig um eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus handele, könne man so ein Bild von der «Durchseuchung» erhalten.

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