Neues Risiko-Gen für Brustkrebs entdeckt
Das neue Risiko-Gen für erblichen Brust- und Eierstockkrebs heißt RAD51C. Seine Funktion ist es normalerweise, die Erbsubstanz einer Zelle fehlerfrei zu halten. Veränderungen (Mutationen) in diesem Gen selbst führen jedoch dazu, dass ein Tumor entstehen kann. Die Wissenschaftler analysierten das Erbgut von insgesamt 1.100 Risikofamilien, in denen gehäuft Erkrankungsfälle auftraten. Bei ihnen wurden zuvor Veränderungen in den bislang bekannten Risiko-Genen BRCA1 und BRCA2 (BReast CAncer-Gene) ausgeschlossen. In sechs dieser Familien waren Defekte im RAD51C-Gen nachweisbar. Die Patientinnen gehörten ausschließlich zu den Familien, bei denen Brust- und Eierstockkrebs gemeinsam auftraten. Das Risiko für Brustkrebs liegt bei den Trägerinnen einer Mutation im RAD51C-Gen bei ungefähr 60 bis 80 Prozent, für Eierstockkrebs bei 20 bis 40 Prozent. Die Patientinnen erkranken außerdem deutlich früher als solche mit sporadischem Brust- oder Eierstockkrebs. Deshalb bezeichnen Experten das neu identifizierte Gen auch als BRCA3.
"Diese bahnbrechende Erkenntnis war nur möglich durch eine langjährige, enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Klinikern im Rahmen des Deutschen Konsortiums für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Es wird von der Deutschen Krebshilfe seit 14 Jahren gefördert", so Professor Dr. Rita Schmutzler von der Universitätsfrauenklinik Köln, die an den Untersuchungen maßgeblich beteiligt war. Mittlerweile werden in den zwölf universitären Zentren über 6.000 Risikofamilien betreut. "Wir bieten den betroffenen Frauen eine engmaschige Überwachung mit neusten Diagnostikmethoden und Therapien an, die speziell auf die erbliche Tumorform zugeschnitten sind", erklärt Schmutzler. Sie hat eine Stiftungsprofessur der Deutschen Krebshilfe an der Uniklinik Köln inne und ist die Koordinatorin des Deutschen Konsortiums. Dieses wiederum ist Teil eines internationales Forschungsnetzes, das nach neuen Risiko-Genen für erblichem Brust- und Eierstockkrebs sucht.
Professor Dr. Alfons Meindl, Leiter der Abteilung für gynäkologische Tumorgenetik am Klinikum rechts der Isar in München, hat die molekulargenetischen Untersuchungen des Projektes geleitet: "Diese Ergebnisse unterstützen unsere Hypothese, dass verschiedene seltene Gendefekte ein gemeinsames Krankheitsbild auslösen, den erblichen Brust- und Eierstockkrebs. Dieses Wissen ist wichtig für die Suche nach weiteren Risiko-Genen, denn die bisher bekannten Brustkrebs-Gene können nur 60 Prozent der Hochrisikofamilien erklären".
Ärzte und Betroffene stehen zukünftig vor neuen Herausforderungen: "Wir müssen versuchen, mit neusten Analysemethoden weitere Risikogene für den erblichen Brust- und Eierstockkrebs zu finden, um in Zukunft für jede Frau das individuelle Brustkrebsrisiko noch besser bestimmen zu können. Darauf basierend können wir dann eine maßgeschneiderte Prävention und eine engmaschigere Krebs-Früherkennung anbieten. Hier eröffnet sich ein ganz neues klinisches Gebiet der risikoangepassten Prävention", erläutert Professor Dr. Rita Schmutzler.
Originalveröffentlichung: Meindl A et al.; "Germline mutations in breast and ovarian cancer pedigrees establish RAD51C as a human cancer susceptibility gene"; Nature Genetics, 18.04.2010
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