Unbekanntes Virus im menschlichen Körper entdeckt

Wissenschafter identifizieren unbekannte Bakterien-infizierende Virus-Art

15.11.2019 - Österreich

Eine bisher unbekannte Virus-Art wurde jetzt in Proben menschlicher Körperflüssigkeiten identifiziert. Gelungen ist dies einem internationalen Team in Österreich, das speziell nach Bakterien-infizierenden Viren (sogenannten Bakteriophagen) suchte. Der Fokus lag dabei auf jenen Viren, die das menschliche Darmbakterium Escherichia coli angreifen. Insgesamt konnte das Team 43 verschiedene dieser Bakteriophagen in Proben menschlicher Körperflüssigkeiten identifizieren, besonders häufig in Blutproben. Die Entdeckung solcher Phagen im menschlichen Körper ist besonders bedeutsam, da diese Antibiotika-Resistenzgene auf Bakterien übertragen können. So werden Informationen über das Vorkommen, die Häufigkeit und die Verwandtschaften von Phagen im Menschen dringend benötigt. Die nun international veröffentlichen Ergebnisse eines Teams der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems unter der Leitung der Veterinärmedizinischen Universität Wien leisten dazu einen bedeutenden Beitrag.

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Symbolbild

Es tummelt sich im menschlichen Körper. Pilze, Bakterien und Viren gedeihen dort in unermesslicher Zahl. Eine große Unbekannte dieses humanen Ökosystems stellen dabei die sogenannten Bakteriophagen dar – Viren, die ausschließlich Bakterien infizieren. Seit Forschungsarbeiten in Österreich deren Bedeutung für die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzgenen bei Bakterien aufzeigten, ist das Interesse an ihnen stark gewachsen. Nun konnte ein Team der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems (KL Krems), der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Universität Lissabon im Rahmen eines von der NÖ Forschungs- und Bildungsgesellschaft (NFB) geförderten Projekts 43 Bakteriophagen-Arten aus Körperflüssigkeiten des Menschen isolieren – darunter auch eine bisher wahrscheinlich unbekannte Art.

Dunkle Materie

„Wir haben 111 Proben von Blut, Urin und anderen Körperflüssigkeiten des Menschen auf Phagen untersucht. In fast jeder siebten wurden wir fündig“, erläutert Catia Pacifico, Forscherin an der KL Krems im Rahmen des NFB geförderten Projekts und Erstautorin der Studie. „Dabei konnten wir auch eine neue Phagen-Art aus der Unterfamilie der sogenannten Tunavirinae entdecken. Das Vorhandensein von Phagen in so vielen Proben und die Entdeckung einer neuen Art zeigen, wie wenig wir über Phagen im menschlichen Körper wissen.“ Tatsächlich sprechen Experten bereits von der „viralen Dunklen Materie“ im menschlichen Körper, denn erst wenige Forschungsgruppen haben sich weltweit mit Phagen im Menschen auseinandergesetzt. Das überrascht umso mehr, als ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen verschiedenen Bakterien im Körper für unsere Gesundheit wichtig ist. Phagen wiederum greifen Bakterien gezielt und spezifisch an und könnten dieses Gleichgewicht im Organismus empfindlich stören. Doch die Rolle von Phagen für unsere Gesundheit geht noch weit darüber hinaus, wie Catia Pacifico erläutert: „Die zunehmende Resistenz von Bakterien ist weltweit ein großes und wachsendes Problem und Phagen tragen dazu auf bisher kaum verstandene Weise bei.“

Gezielte Suche

Das Team um Leiterin Univ.-Prof. Dr. Friederike Hilbert, Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen der Veterinärmedizinischen Universität Wien, hat dieses Verständnis nun weiter ausgebaut und speziell nach Bakteriophagen gesucht, die das bekannte Darmbakterium Escherichia coli infizieren. Dieses spielt bei einer ganzen Reihe an Erkrankungen eine wesentliche Rolle und gilt als häufigste Ursache für Infektionen in Krankenhäusern. Die Untersuchung der Proben förderte dabei eine weitere Überraschung zu Tage: „In fast zwei Drittel aller Proben, die Phagen gegen E. coli enthielten, kamen keine Bakterien dieser Art vor, erläutert Friederike Hilbert. „Das legt nahe, dass Phagen auch in Abwesenheit ihrer Wirtsbakterien von A nach B transportiert werden können.“ Ein Ergebnis, das Vermutungen von Kollegen aus jüngster Zeit zu bestätigen scheint. Vor diesem Hintergrund untersuchte das Team auch die Wirkung krankenhausüblicher Desinfektionsmittel auf die isolierten Phagen. Dazu Friederike Hilbert: „Unsere Ergebnisse zeigten, dass nicht alle Desinfektionsmittel gleich gut in der Lage sind, Phagen zuverlässig zu zerstören.“

Insgesamt konnte das internationale Team unter Beteiligung der KL Krems mit dieser grundlegenden Arbeit dazu beitragen, das bisher wenig beachtete Vorkommen, die Verbreitung und die Verwandtschaft von Phagen im menschlichen Körper besser zu verstehen. Mit der Beteiligung an dieser Arbeit folgt die KL Krems auch konsequent ihrem Forschungsfokus auf Nischenfelder mit großer Relevanz für das Gesundheitssystem.

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