Besserer Grippeschutz durch Schleimhautwächter
Neuartige Impfstrategie ruft zelluläre Immunantwort gegen das Influenzavirus hervor
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Durch die Grippeschutzimpfung mit abgetöteten Influenzaviren wird das Immunsystem angeregt, Antikörper gegen Oberflächenmerkmale des saisonal kursierenden Grippestamms herzustellen. Diese Oberflächenmerkmale sind hochvariabel, sodass jährliche Auffrischungen mit aktuellen Impfstoffen notwendig sind. Neben dem Antikörper-abhängigen Arm des Immunsystems ist auch der zelluläre Arm des Immunsystems in der Lage körperfremde Stoffe oder Erreger abzuwehren. Immunzellen aus der Gruppe der T-Lymphozyten, sogenannte zytotoxische T-Zellen, können Körperzellen, die von Bakterien oder Viren infiziert sind, erkennen und attackieren. „Kein anderes Virus löst solch eine starke Immunreaktion der T-Zellen aus wie das Zytomegalievirus (CMV)“, sagt Prof. Luka Čičin-Šain, Leiter der Forschungsgruppe „Immunalterung und Chronische Infektionen“ am HZI. „Diese Eigenschaft nutzen wir, indem CMV das Vehikel ist, um einen kleinen Proteinabschnitt des Influenzavirus in Wirtszellen einzuschleusen.“
In einem Mausmodell untersuchten die Forscher die Reaktion auf das so eingebrachte Influenza-Antigen und fanden eine starke Aktivierung der zytotoxischen T-Zellen durch die CMV-basierte Impfung. Die Darreichungsform der Impfung hat dabei einen Einfluss auf die Schutzwirkung. Obwohl über die Nase verabreichte Zytomegalieviren im Blut eine geringere T-Zell-Aktivierung auslösten als solche, die mit einer Spritze injiziert wurden, ergab sich bei der nasalen Impfung ein besserer Schutz vor einer Influenzainfektion. Der entscheidende Faktor dafür sind in der Schleimhaut ansässige, zytotoxische T-Zellen. Durch die Impfung verlassen die Immunzellen den Blutkreislauf und siedeln sich im Zielgewebe an. Dort können die Abwehrzellen über lange Zeit verbleiben. Bei Kontakt mit Influenzaviren produzieren sie Botenstoffe und locken weitere Immunzellen an den Ort der Infektion.
„Wir konnten zeigen, dass es eine wesentliche Rolle spielt, wo eine Immunantwort stattfindet. T-Zellen, die sich in den Schleimhäuten der Atemwege befinden, schützen besonders effektiv gegen Influenza, da dies der typische Infektionsweg ist. Sie kommen also sehr früh mit den Grippeviren in Kontakt und ‚bewachen‘ die Eintrittsorte“, sagt Prof. Dunja Bruder, deren Arbeitsgruppe „Immunregulation“ ebenfalls an der Studie beteiligt war.
In weiteren Experimenten konnten die Forscher nachweisen, dass die Immunität ausschließlich auf dem zellulären Arm des Immunsystems basiert. Eine Beteiligung von Antikörpern konnten sie ausschließen. Damit gelang in interdisziplinärer Zusammenarbeit von insgesamt vier Gruppen und Einrichtungen am HZI erstmals die Entwicklung einer T-Zell-basierten Grippeimpfung. „Wir müssen in der Infektionsforschung unseren Blick auf das gesamte System richten. Alle Gewebe – nicht nur das Blut – sind am Infektionsverlauf und dem Aufbau von Immunität beteiligt“, sagt Čičin-Šain. „Der Grippeimpfstoff der Zukunft könnte daher auf eine kombinierte Immunität durch im Blut zirkulierende Antikörper und T-Zellen, die die Schleimhäute ‚bewachen‘, abzielen.“
Originalveröffentlichung
Xiaoyan Zheng, Jennifer D. Oduro, Julia D. Boehme, Lisa Borkner, Thomas Ebensen, Ulrike Heise, Marcus Gereke, Marina C. Pils, Astrid Krmpotic, Carlos A. Guzmán, Dunja Bruder, Luka Čičin-Šain; "Mucosal CD8+ T cell responses induced by an MCMV based vaccine vector confer protection against influenza challenge"; PLoS Pathogens; 2019.