Zuviel des Guten: Überaktive Immunzellen lösen Entzündungen aus
DBM
Das Immunsystem schützt uns vor Infektionen und Tumoren – eine anspruchsvolle Aufgabe, denn dabei darf gleichzeitig körpereigenes, gesundes Gewebe nicht angegriffen werden. Seltene, genetisch bedingte Erkrankungen führen jedoch zu Fehlfunktionen des Immunsystems, sogenannten primären Immundefekten (PID). Ein Ausdruck solcher Defekte kann die Anfälligkeit für Infekte sein, aber auch gewisse Tumoren und nichtinfektiöse Entzündungen (Autoimmunerkrankungen) treten gehäuft auf.
Die Forscher testeten die Hypothese, dass die Aktivität des Stoffwechsels in den Immunzellen bei PID-Patienten als Biomarker dienen kann. Dabei stützten sie sich auf die Erkenntnis, dass der Zellstoffwechsel ein wichtiger Regulator der Funktion von Immunzellen ist. Tatsächlich war in den Immunzellen einer Untergruppe der untersuchten PID-Patienten ein wichtiger Stoffwechselvorgang – die sogenannte Zellatmung – stark erhöht. Bei der Zellatmung wird in den Mitochondrien, den «Kraftwerken der Zellen», Energie gewonnen.
Erhöhte Zellatmung
Auf der Basis dieser Entdeckung gelang es den Forschern, einen neuartigen Krankheitsmechanismus zu entschlüsseln, dies vom Gendefekt via Mitochondrien und zurück zur Signalübertragung in den Zellkern. Die erhöhte Zellatmung wurde durch die Überfunktion eines Eiweisses der Atmungskette ausgelöst. Dies wiederum signalisierte der Zelle, Entzündungsmediatoren zu produzieren. Mit dieser Erkenntnis konnten die Forscher eine in anderer Indikation zugelassene, zielgerichtete Therapie erfolgreich verabreichen.
Die Studie wurde unter Leitung von Prof. Dr. Christoph Hess (Departement Biomedizin DBM von Universität Basel und Universitätsspital Basel und CITIID, Universität Cambridge) sowie Prof. Dr. Mike Recher (DBM, Universität Basel und Universitätsspital Basel) durchgeführt. «Sie ist ein Beispiel dafür, wie patientenbasierte Forschung krankheitsrelevante molekulare Prozesse zu entschlüsseln vermag», sagt Hess. Davon können einerseits die Patientinnen profitieren, wenn sie gezieltere und damit wirkungsvollere und nebenwirkungsärmere Medikamente erhalten. Anderseits werden durch Einsicht in grundlegende biologische Abläufe bei seltenen Erkrankungen oft auch neue pathophysiologische Überlegungen bei häufigen Erkrankungen möglich.
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