Medizintechnikbranche durchbricht zum ersten Mal die 30 Milliarden Euro-Umsatzmarke
Industrieverband SPECTARIS
"Medizintechnik ist weiterhin ein überdurchschnittlich starker Motor der deutschen Wirtschaft, auch wenn die Entwicklung nicht alle Erwartungen erfüllt hat", stellt SPECTARIS-Geschäftsführer Jörg Mayer klar. Bei einer Exportquote von rund 65 Prozent ist das Auslandsgeschäft von zentraler Bedeutung für die Hersteller. Aufgrund zunehmender Handelshemmnisse und des Brexits ist der Exportzuwachs im vergangenen Jahr mit einem Plus von 3,3 Prozent moderat ausgefallen. Während die Nachfrage aus der Volksrepublik China unverändert hoch war (+12,3 Prozent), bewegten sich die Zuwachsraten für Ausfuhren in die USA (+3,9 Prozent) und nach Frankreich (+3,5 Prozent) auf einem niedrigeren Niveau. Die Exporte nach Großbritannien stagnierten (-0,4 Prozent), bei der Türkei zeigte sich sogar ein deutlicher Rückgang (-12,7 Prozent).
Auch wenn die geänderte amtliche Berechnungsgrundlage keine exakten Daten liefert, blieb nach Einschätzung von SPECTARIS das Inlandsgeschäft der Branche im Jahr 2018 hinter der Exportentwicklung zurück. Unter mehreren Gründen sind auch die ersten Auswirkungen der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) zu nennen. "Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass das Umsatzwachstum auf dem europäischen und heimischen Markt durch die MDR an Dynamik verlieren wird", erklärt der Vorsitzende des SPECTARIS-Fachverbandes Medizintechnik, Dr. Martin Leonhard. Vor zwei Jahren trat die Verordnung in Kraft, doch noch immer sind viele Fragen zur praktischen Umsetzung offen, die Probleme der Unternehmen angesichts der steigenden Bürokratie nicht gelöst. "Neben der MDR ist auch eine allgemeine konjunkturelle Eintrübung zu spüren, Investitionen werden eher zurückhaltend getätigt", so Leonard.
Ein Gegengewicht zu dieser Entwicklung kann das Potenzial der Digitalisierung für neue Geschäftsmodelle sein. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und SPECTARIS wird die Medizintechnikbranche in den kommenden Jahren ein großes Potenzial bei Umsätzen und Arbeitsplätzen entfalten: Laut Prognose werden die Medizintechnikunternehmen im Jahr 2028 alleine mit digitalen Produkten und Dienstleistungen einen Umsatz von 15 Milliarden Euro erzielen, aktuell sind es noch 3,3 Milliarden Euro. "Das entspricht einem jährlichen Umsatzplus von 16 Prozent in diesem Segment", betont Mayer. "Sollte es zu diesem Anstieg kommen, wird 2028 fast ein Drittel der Umsätze durch digitale Produkte erwirtschaftet. Kein Zweifel: Hier liegt die Zukunft, denn Medizinprodukte und Services ohne digitale Komponenten dürften künftig eher die Ausnahme als die Regel sein."