Technologietransfer-Preis 2018 geht an Ausgründung des HZI
Auszeichnung für die Entwicklung personalisierter Zellsysteme
IHK/Susanne Hübner
HZI/Tobias May
Bevor ein neu entdeckter Wirkstoff, zum Beispiel gegen einen bakteriellen oder viralen Krankheitserreger, als Medikament zugelassen werden kann, muss er sich in verschiedenen Prüfstudien beweisen: Die ersten präklinischen Studien erfolgen in der Zellkultur und an Tieren, dann schließen sich mehrere klinische Studienphasen mit Menschen an. Von der Entdeckung des Wirkstoffs bis hin zum Medikament kann dies zehn bis 15 Jahre dauern und zwischen 100 Millionen und mehr als einer Milliarde Euro verschlingen. Der weitaus größte Teil der Wirkstoffkandidaten scheitert auf diesem Weg, weil etwa zu starke Nebenwirkungen auftreten oder keine ausreichende Wirkung im Menschen erzielt wird. Um bereits in den ersten Untersuchungen möglichst viele ungeeignete Kandidaten aussieben und die vielversprechenden gezielt weiterentwickeln zu können, benötigen Wissenschaftler und Pharmaunternehmen körpereigene – sogenannte primäre – Zellen. Diese stammen direkt aus dem Organ oder Gewebe, das untersucht werden soll. Allerdings verlieren Zellen während der konventionellen Kultivierung ihre gewebetypischen Eigenschaften, primäre Zellen stehen daher nur in sehr begrenzter Menge zur Verfügung.
Eine weitere Herausforderung in der Medikamentenentwicklung ist, dass die fertigen Arzneimittel häufig nur einem Teil der Patienten helfen. Um möglichst passgenaue Wirkstoffkandidaten entwickeln zu können, sollten die Testsysteme idealerweise sowohl die menschliche Diversität als auch die Krankheit berücksichtigen. „Unser Ziel war eine Methode, mit der sich kostengünstig jede beliebige Zelle – von jedem Patienten und im Zusammenhang mit jeder Krankheit – dauerhaft kultivieren und vermehren lässt, ohne dass sie ihre charakteristischen Eigenschaften einbüßt. Mit der CI-SCREEN-Technologie ist uns das nun gelungen“, sagt Tobias May, Geschäftsführer von InSCREENeX, der die neue Technologie zusammen mit der Arbeitsgruppe von Dagmar Wirth am HZI entwickelt hat. CI-SCREEN basiert auf einem Set aus 33 verschiedenen Genen, die nach dem Zufallsprinzip in die isolierten Körperzellen eingebracht werden. Dabei erhält jede Zelle eine andere Genkombination. Aus den 33 Genen lässt sich für jeden Zelltyp eine optimale Kombination ableiten, die die Zellen zum dauerhaften Wachstum anregt und gleichzeitig ihre gewebespezifischen Eigenschaften erhält. „Mit unserer Technologie lassen sich nun aus jedem Gewebe Zellsysteme für das Screening und die Testung von Wirkstoffen generieren. Das Besondere dabei ist, dass auch personalisierte Zellsysteme möglich sind, da sich geringste Zellmengen jedes Spenders verwenden lassen“, sagt May. „So stellen wir der personalisierten Medizin ein völlig neuartiges Werkzeug zur Verfügung.“
Die Industrie- und Handelskammer Braunschweig hat die Entwicklung der CI-SCREEN-Technologie nun mit dem Technologietransfer-Preis 2018 geehrt. Die Auszeichnung wurde bereits zum 34. Mal verliehen und honoriert erfolgreiche Projekte des Transfers von Wissen aus Forschungseinrichtungen in die Wirtschaft. Damit möchte die Industrie- und Handelskammer die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie fördern.
„Wir freuen uns außerordentlich, dass unsere langjährige, fruchtbare und sehr erfolgreiche Kollaboration mit Dagmar Wirth vom HZI mit diesem prestigeträchtigen Preis ausgezeichnet wurde“, sagt Tobias May.
„Die Kooperation mit InSCREENeX ermöglicht uns, das limitierte Patientenmaterial zu vermehren und damit aussagekräftige Untersuchungssysteme aufzubauen, die wir für unsere Forschungsaktivitäten einsetzen können“, sagt Dagmar Wirth. Für die CI-SCREEN-Technologie haben die Braunschweiger Wissenschaftler 2013 bereits den Otto von Guericke-Preis erhalten.
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