Neuartiges Mikroskopieverfahren macht „dunkle Seite“ der Zelle sichtbar

Forscher kombinieren Licht- und Röntgenmikroskopie für umfassenden Einblick

11.09.2018 - Deutschland

„Und man siehet die im Lichte. Die im Dunkeln sieht man nicht.“ Wie in der Dreigroschenoper von Bertold Brecht galt bisher auch in der Zelle: Nur was im Licht ist, wird gesehen. Forscher der Universität Göttingen sind nun einen Schritt weitergegangen: Mit einem neuartigen Mikroskopieverfahren konnten sie sowohl die beleuchtete als auch die „dunkle Seite“ der Zelle sichtbar machen.

University of Goettingen

STED-Aufnahme (links) und Röntgen-holographische Abbildung (rechts) derselben Herzmuskelzelle einer Ratte.

Das Team unter der Leitung von Prof. Dr. Tim Salditt und Prof. Dr. Sarah Köster vom Institut für Röntgenphysik „heftete“ dafür sogenannte Leuchtmoleküle an die Zellmoleküle. Durch das kontrollierte Hell- und Dunkelschalten der Leuchtmoleküle in Teilbereichen des Bildes lassen sich Zellmoleküle trennscharf lokalisieren und ihre Wechselwirkungen darstellen. Um auch die nicht-beleuchteten Bestandteile der Zelle abzubilden, arbeitete das Göttinger Team mit einem speziellen Mikroskopieverfahren. Dieses kombiniert ein Lichtmikroskop nach dem STED-Prinzip (Stimulated Emission Depletion), welches den beleuchteten Bereich der Zelle darstellt, mit einem Röntgenmikroskop, welches den nicht beleuchteten Bereich der Zelle darstellt.

„Mit dem neuartigen Röntgen-STED-Mikroskop haben wir Herzmuskelzellen aufgenommen“, erklärt Marten Bernhardt, Erstautor der Veröffentlichung. „Die darin enthaltenen Proteinnetzwerke wurden im STED-Modus abgebildet. Diese STED Aufnahmen konnten wir dann in die Röntgenaufnahmen der Zelle einpassen. Beide Aufnahmen werden praktisch direkt hinter einander aufgenommen“, so Bernhardt. „Durch die komplementären Kontraste versprechen wir uns ein vollständigeres Verständnis der Kontraktion von Herzmuskelzellen und ihrer Krafterzeugung'', ergänzt Salditt. Bei der Konzeption des STED-Mikroskops arbeiteten die Wissenschaftler eng mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY, einem Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, und der von Nobelpreisträger Prof. Dr. Stefan W. Hell gegründeten Firma Abberior zusammen. „In Zukunft wollen wir so auch dynamische Prozesse in lebenden Zellen beobachten'', schließt Köster, Sprecherin des Göttinger Sonderforschungsbereich „Kollektives Verhalten weicher und biologischer Materie“', in dessen Forschungsprogramm die Experimente integriert sind.

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