Oberflächenmodifizierung mit beschleunigten Elektronen
Schnell, schonend, präzise und langzeitstabil
Oberflächen müssen den vielfältigsten Anforderungen genügen: sie sollen dekorativ sein, tragen wesentlich zur Hygiene bei und spielen auch in der Biomedizin eine große Rolle.
© Fraunhofer FEP
Für die Funktionalisierung von Oberflächen gibt es je nach Anwendung eine Vielzahl an Verfahren, die bereits gut etabliert sind oder an denen Wissenschaftler noch weltweit tüfteln. Wissenschaftler am Fraunhofer FEP arbeiten schon seit geraumer Zeit an Oberflächenfunktionalisierungen für den medizintechnischen Bereich. Neben Beschichtungstechnologien kommen hierbei beschleunigte, niederenergetische Elektronen zum Einsatz. Die betreffende Oberfläche wird gezielt mit diesen Elektronen behandelt, um entsprechende Eigenschaften zu erhalten. Neben antibakteriellen Wirkungen können auch selbstreinigende Oberflächen erzeugt werden.
Durch die Elektronenstrahlbehandlung kommt es beispielsweise zu einer Anpassung der Benetzbarkeit der Oberfläche (Oberflächenhydrophilie). So kann die Interaktion der Oberfläche mit der Umwelt gezielt beeinflusst werden. Menschliche Zellen wachsen besser an, Bakterien wiederum werden abgestoßen.
Besonders bemerkenswert ist die Größenordnung, in welcher diese Modifizierung nun umgesetzt werden konnte. Durch feine Masken in Gitterstruktur konnten alternierende Bereiche von hydrophiler (gut benetzbar) und hydrophober (flüssigkeitsabweisend) Oberfläche mit einem Abstand von 100 µm erzielt werden. Diese sehr feinen Strukturen mit energetisch variierenden Oberflächeneigenschaften sind beispielsweise für Lab-on-Chip-Systeme oder individualisierte Growth Patterns (Oberflächen, auf denen etwas Spezifisches besonders gut gedeiht) nutzbar.
Gaby Gotzmann, Gruppenleiterin „Hygienisierung, Sterilisation und Biofunktionalisierung“ am Fraunhofer FEP, erklärt: “Während herkömmliche Verfahren oft nur zeitweilige Effekte auf Oberflächen bewirken, ist die energetische Strukturierung mit beschleunigten Elektronen über einen langen Zeitraum stabil. Auf der entsprechenden Oberfläche können die betreffenden Bereiche ganz gezielt behandelt werden und das sogar mit einer Eindringtiefe im Mikrometerbereich.“
Eine Funktionalisierung mittels Elektronenstrahlen konnte schnell erzielt werden, die Herausforderung lag jedoch in der Ermittlung der zugrundeliegenden Effekte, um gleiche Ergebnisse auch in Zukunft zuverlässig herstellen zu können. Es musste also herausgefunden werden, womit die Funktionalisierung, wie bspw. die Zelladhäsion, beeinflusst werden kann. Deshalb gab es umfangreiche Untersuchungen unter Variation bestimmter Prozessparameter (z.B. Atmosphäre und Energiedosis) sowie in vitro Zelltests, die schließlich die gewünschten Erkenntnisse lieferten.
Die Wissenschaftler sind nun in der Lage, für zahlreiche Oberflächenanwendungen in der Medizintechnik einen maßgenauen Behandlungsprozess mit Elektronenstrahlen zu entwickeln und suchen Industriepartner, um mit ihnen gemeinsam funktionalisierte Oberflächen herzustellen.
Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP stellt auf den 13. ThGOT (Thementage Grenz- und Oberflächentechnik), vom 13. bis 15. März 2018, in Zeulenroda, Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Biofunktionalisierung und Hygienisierung vor.
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