Finanzinvestoren kaufen 2017 so viele deutsche Unternehmen wie noch nie
Größte Transaktion Kauf von Stada durch Cinven und Bain für 5,2 Milliarden Euro
Einen Schub gaben im zweiten Halbjahr insbesondere vier Großtransaktionen mit einem Wert von jeweils über einer Milliarde Euro. Alleine diese vier Megadeals kamen auf einen Gesamtwert von 10,1 Milliarden Euro.
Während der Transaktionswert von Verkäufen deutscher Unternehmensbeteiligungen, sogenannte Exits, im ersten Halbjahr noch hinter den vorherigen Halbjahren zurückblieb, stieg er im zweiten Halbjahr wieder deutlich. Mit 12,4 Milliarden Euro lagen die Exitwerte damit auf dem höchsten Niveau seit dem ersten Halbjahr 2013.
Lediglich die Anzahl der Transaktionen blieb leicht unter dem Vorjahresniveau. Nach 47 Exits im ersten Halbjahr kamen im 2. Halbjahr 61 Exits zustande – insgesamt fünf weniger als im Gesamtjahr 2016 als 113 Exits realisiert wurden.
Ein treibender Faktor bleiben die sogenannten Secondary Buyouts, also Verkäufe an andere Finanzinvestoren: Insgesamt kam es 2017 zu 52 derartigen Transaktionen – so viele wie noch nie. Der Wert lag mit 7,5 Milliarden Euro dagegen nur leicht über dem Vorjahresvolumen von 7,1 Milliarden Euro und blieb hinter einigen Werten aus der Vergangenheit zurück.
Das sind Ergebnisse einer Analyse des deutschen Private-Equity-Marktes durch das Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY.
„Finanzinvestoren haben sich auch 2017 wieder in Kauflaune gezeigt“, kommentiert Alexander Kron, Leiter des Bereichs Transaction Advisory Services bei EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Das niedrige Zinsniveau hat den Private-Equity-Fonds viel verfügbares Kapital in die Kassen gespült. Jetzt sind sie auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten. Allerdings ist die Zahl wirklich attraktiver Transaktionsziele begrenzt, weswegen wir teilweise hohe Preise im Markt sehen. Für das kommende Jahr sind einige sehr große Transaktionen in der Pipeline, zudem bleiben die konjunkturellen Aussichten gut – somit könnte 2018 erneut ein Rekordjahr werden.“
Auch Wolfgang Taudte, Partner bei EY, erwartet ein anhaltendes Engagement der Finanzinvestoren: „Sie sind dringend darauf angewiesen, ihr Kapital zu investieren. Da die Anzahl der Ziele im Markt jedoch begrenzt ist, werden Finanzinvestoren immer kreativer und professionalisieren ihre Strukturen zusehends. Das führt zum einen dazu, dass sie ein besseres Sektoren-Know-how aufgebaut haben. Zum anderen beziehen sie innovativere Beteiligungsmöglichkeiten in ihre Überlegungen ein wie Joint Ventures oder Minderheitsbeteiligungen.“
Taudte sieht für den weiteren Jahresverlauf 2018 zwar auch gewisse Risiken für den Investitionsboom: „Je nachdem wie die Brexit-Verhandlungen weiterlaufen oder sich der Nationalismus und Protektionismus in einzelnen Ländern entwickelt, könnten wir eine bremsende Wirkung auf die Investitionstätigkeit sehen. Andererseits liegt gerade in diesen sich ändernden Rahmenbedingungen eine Chance für Investoren: Der Markt muss sich in Teilen neu aufstellen und eröffnet dadurch neue Möglichkeiten. Dieser Effekt wird noch verstärkt durch die digitale Transformation, die ebenfalls viel Bewegung in die M&A-Tätigkeit bringt.“
Kron rät insbesondere europäischen Investoren dazu, mehr IT- und High-tech-Wissen aufzubauen. US-amerikanische und chinesische Investoren seien hier oft weiter: „Letztlich geht es darum, Werte in den Unternehmen zu schaffen, die sie auch für strategische Investoren oder für einen Börsengang spannend machen. Finanzinvestoren müssen daran interessiert sein, neben dem Verkauf an andere Finanzinvestoren weitere Optionen für einen Exit zu haben.“
Stada-Übernahme durch Bain Capital und Cinven größter Deal
Die größte Transaktion im Jahr 2017 war der Kauf des im MDAX notierten Pharmakonzerns Stada durch Bain Capital und Cinven Partners für 5,2 Milliarden Euro. „Der Kauf von großen, börsennotierten Unternehmen in Deutschland durch Finanzinvestoren ist noch sehr ungewöhnlich. Insofern war diese Übernahme auch ein Zeichen für das Selbstvertrauen, das Finanzinvestoren derzeit mitbringen“, so Kron. Cinven war auch am zweitgrößten Deal des Jahres beteiligt – in diesem Fall allerdings als Verkäufer: Der Hersteller von Keramikkomponenten CeramTec ging für 2,6 Milliarden Euro an das Bieterkonsortium BC Partners. Drittgrößter Deal war der Erwerb eines 50-Prozent-Anteils am Windpark Borkum Riffgrund 2 durch Global Infrastructure Partners für knapp 1,2 Milliarden Euro.