Per Anhalter durch den Ozean: Forscher entschlüsseln Genom von Meeresbakterium
Sarah Hahnke, ICBM Oldenburg
Das Bakterium Dinoroseobacter shibae lebt in Symbiose mit einzelligen Algen und bewegt sich gewissermaßen per Anhalter durchs Meer. Fortbewegungsmittel sind z.B. Algen der Gruppe der Dinoflagellaten, die in vielen Küstenmeeren, beispielsweise der Nordsee, vorkommen. Das Bakterium enthält die komplette Enzymausstattung zur Photosynthese, d.h. Energiegewinnung aus Licht, verschiedene Möglichkeiten zum Überleben in Abwesenheit von Sauerstoff, ein besonders ausgefeiltes bakterielles Immunsystem zur Abwehr von Infektionen durch Phagen, fünf Plasmide und Gene für spezielle Signalstoffe. Es ist darauf spezialisiert, von der Alge mit Nährstoffen versorgt zu werden.
Es ist den Forschern gelungen, die Abbauwege für typische Algeninhaltsstoffe, wie z.B. bestimmte Zucker, zu finden. Überraschend, so der Oldenburger Meeresforscher Simon, war insbesondere die Erkenntnis, dass das Bakterium in der Lage ist, Vitamin B12 zu synthetisieren - und zwar nicht nur unter Verwendung von Sauerstoff, sondern sogar unter sauerstofffreien Bedingungen. Dieser Befund sei bisher einzigartig für Meeresbakterien. Um das Vitamin herzustellen, verfügt das Bakterium über 25 spezialisierte Enzyme. Bislang wurde eine derartige Symbiose - Vitamine gegen Zucker - im Ozean noch nicht nachgewiesen. Diese Erkenntnis wirft ein neues Licht auf die Bedeutung der bakteriellen Flora für Algenblüten - ein Thema, mit dem sich die Forscher in Zukunft beschäftigen wollen.
Die Genom-Publikation ist eine Veröffentlichung des Projekts "Comparative Functional Genome Analysis of Representative Members of the Roseobacter Clade". Das Land Niedersachsen fördert das Projekt mit rund 1,8 Millionen Euro aus dem VW-Vorab. Aus dem Projekt ist inzwischen der von Simon geleitete Sonderforschungsbereich Transregio (TRR 51) zum Thema Roseobacter hervorgegangen. An dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 8,2 Millionen Euro geförderten Großprojekt sind die Universität Oldenburg als Sprecherhochschule, die Technische Universität Braunschweig (TU), das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), die Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) sowie das Genomforschungslabor der Universität Göttingen beteiligt.
Originalveröffentlichung: Irene Wagner-Döbler, Britta Ballhausen, Martine Berger, Thorsten Brinkhoff, Ina Buchholz, Boyke Bunk, Heribert Cypionka, Rolf Daniel, Thomas Drepper, Gunnar Gerdts, et al.; "The complete genome sequence of the algal symbiont Dinoroseobacter shibae: a hitchhiker's guide to life in the sea"; The ISME Journal (2010) 4, 61-77
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