Neue Erkenntnisse in der Genforschung

16.12.2009 - Schweiz

Die Wissenschaft hat in den letzten Jahren zahlreiche Genome entschlüsselt, wie die darin enthaltenen Gene aber genau reguliert werden, war bisher weitgehend unbekannt. Nun haben Forscher am Biozentrum der Universität Basel einen Mechanismus entdeckt, mit dem ganze Netzwerke von Genen kontrolliert werden. Ihre Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis zahlreicher physiologischer Prozesse bei, von der Embryonalentwicklung bis hin zur Wundheilung.

Nahezu alle Zellen eines sich entwickelnden Lebewesens verfügen über die gleichen Gene, festgehalten als Erbinformation in der DNS. Doch nicht alle Gendaten werden gleichzeitig abgerufen - so sind beispielsweise in einer Leberzelle andere Gene aktiv als in einer Nervenzelle. Die Genaktivität hängt vom Ort und von der Funktion der jeweiligen Zelle ab und unterliegt einer strengen Regulation.

Trotz der großen Anzahl verschiedener Gene sind für deren Steuerung nur wenige verschiedene Prozesse verantwortlich. Diese Regulierungsmechanismen entwickelten sich bereits früh in der Evolution und existieren in sehr ähnlicher Form sowohl bei einfachsten Geschöpfen, wie den winzigen Fadenwürmern, als auch bei komplexen Lebewesen wie dem Menschen.

Einer der wichtigsten Mechanismen der Genregulation ist der sogenannte BMP-Signaltransduktionsweg. Wird dieser durch das Andocken bestimmter Signalstoffe an die Zelloberfläche aktiviert, leitet er das Signal in das Zellinnere an die sogenannten Smad-Proteine weiter. Diese wandern in den Zellkern, wo sie die Aktivität bestimmter Gene koordiniert regulieren. Dieser Vorgang ist essentiell für eine Vielzahl von physiologischen Prozessen, angefangen bei der Entwicklung eines komplexen Organismus aus einer einfachen Eizelle heraus, bis hin zu Wundheilung, und kann bei Versagen zu schwerwiegenden Erkrankungen wie zystischer Fibrose oder Krebs führen.

DNS-Aktivierungscode entschlüsselt

Um herauszufinden, auf welche Weise der BMP-Signaltransduktionsweg spezifische Gene aktivieren kann, wählte das Forscherteam um Markus Affolter vom Biozentrum der Universität Basel die Fruchtfliege Drosophila melanogaster als Modell. Die Wissenschaftler identifizierten ein kurzes DNS-Element, an das die Smad-Proteine binden, um ein bestimmtes Gen zu aktivieren. Mithilfe dieser entdeckten DNS-Sequenz waren sie erstmals in der Lage, erfolgreich weitere Gene zu ermitteln, die auf die gleiche Art und Weise angeschaltet werden.

Darüber hinaus konnten die Forscher zeigen, dass gezielte Veränderungen des entdeckten DNS-Elements seine Funktion abwandeln und sogar komplett umkehren können: ein Mechanismus, den die Natur wohl oft einschlägt, um Genaktivitäten im Laufe evolutionärer Vorgänge anzupassen. Weitere Experimente ergaben, dass das entdeckte Steuerelement auch in Wirbeltieren wie dem Zebrafisch funktionsfähig ist und somit seine Aufgabe über hunderte von Millionen Jahren bewahrt hat.

Mit ihren neuesten Erkenntnissen leisten die Basler Wissenschaftler einen wichtigen Beitrag zur Entschlüsselung des komplexen Regulationsnetzwerks, das in jeder Zelle genau festlegt, wann und welche Gene aktiv sind, und das bei Fehlfunktionen Erkrankungen und Missbildungen hervorruft. Darüber hinaus gewähren die Forschungsergebnisse Einblicke, wie die Evolution mit erstaunlich wenigen und kaum veränderlichen Mitteln die Artenvielfalt unserer Erde hervorgebracht hat.

Originalveröffentlichung: Alexander Weiss et al.; "A conserved activation element in BMP signaling during Drosophila development"; Nature Structural and Molecular Biology, published online 13 December 2009

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