Neuer Mutationstyp beim erblichen Dickdarmkrebs entdeckt
Interdisziplinäres Forscherteam an der Goethe-Uni gewinnt Preis für Gastroenterologie
Dr. Angela Brieger, die am Biomedizinischen Forschungslabor der Medizinischen Klinik I schon seit einigen Jahren das Lynch-Syndrom erforscht, hat sich auf die Untersuchung der Ursachen des vielfältigen Tumorspektrums in Lynch-Syndrom-Familien spezialisiert. Neben Dickdarmkrebs können die Betroffenen nämlich auch bösartige Tumoren in anderen Organen entwickeln; beispielsweise in der Gebärmutterschleimhaut oder dem Dünndarm. Ob ein defektes Reparatur-Protein für die Tumorentstehung verantwortlich ist, ist für die Therapie von großer Bedeutung, denn Tumoren des Lynch-Syndroms sprechen auf einige der gängigen Chemotherapeutika nicht an.
Dass die bisher bekannten Protein-Defekte nicht die einzige Ursache für das Lynch-Syndrom sein können, vermutete Angela Brieger, als sie eine Familie mit ungewöhnlichem Tumorspektrum identifizierte. In dieser Familie fand sie gehäuft Brustkrebs, der sonst nicht als assoziiertes Karzinom des Lynch-Syndroms auftritt. Die Betroffenen sprachen auf die hierfür gängigen Therapieansätze nicht an. In Zusammenarbeit mit Dr. Claus Meyer vom Diagnostikzentrum für akute Leukämie konnte die Biologin das Rätsel jedoch lösen, indem sie fehlerhafte Chromosomen aufspürte. In der Leukämie-Forschung gehört diese Methode zur Routine. Bei der Diagnostik des Lynch-Syndroms fand sie jedoch bislang keine Anwendung, weil man sich auf den Nachweis defekter Reparaturproteine beschränkte.
Die beiden Wissenschaftler identifizierten bei allen betroffenen Familienmitgliedern ein mutiertes Chromosom 3, dem ein bislang nicht beschriebener, großer Abschnitt fehlte. Das hat zur Folge, dass fünf wichtige Proteine in den Tumoren nicht mehr funktionsfähig sind. Brieger und Meyer konnten bei den Mutationsträgern dieser Familie sogar ein völlig neues Genprodukt nachweisen, das nur durch den Wegfall des Chromosomenabschnitts entstehen kann. Wie die beiden Forscher vermuten, könnte dieses Protein die Entstehung der Tumoren zusätzlich begünstigen. Dies gilt es in weiteren Untersuchungen zu klären. Brieger und Meyer gehen davon aus, dass dieser neue Typ einer Keimbahnmutation kein Einzelfall beim Lynch-Syndrom ist. Durch ihre neue Methodik der Analyse des Erbgutes sind die Wissenschaftler sich sicher, künftig noch weitere ungeklärte Lynch-Syndrom Veränderungen detektieren zu können.
Originalveröffentlichung: Meyer C et al. "An interstitial deletion at 3p21.3 results in the genetic fusion of MLH1 and ITGA9 in a Lynch syndrome family"; Clin Cancer Res 2009; 15:762-9.
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Themenwelt Diagnostik
Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.
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