Hartes Rennen um Forschungsstandort für neue Spitzen-Neutronenquelle Von Eva-Maria Levermann, dpa
Weltweit gewinnt die Neutronenforschung immer mehr an Bedeutung auf so unterschiedlichen Feldern wie dem Automobil- und Flugzeugbau, der Computer- und Biotechnologie sowie der Pharmaindustrie. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften sind die Neutronen, elektrisch neutrale Atomkern-Bausteine, zur Durchleuchtung von Proben in der Materialforschung sowie in Physik, Chemie, Biologie und Medizin heiß begehrt. Sie geben den Forschern wichtige Informationen über den atomaren Aufbau und andere Stoffeigenschaften und damit auch zur Entwicklung neuer Materialien.
Etwa 5000 Wissenschaftler setzen nach Angaben des Forschungszentrums Jülich europaweit Neutronen ein, um die unterschiedlichsten Materialien zu durchleuchten und zu optimieren, mehr als 800 allein in Deutschland. Erzeugt werden die Teilchen entweder in Kernreaktoren oder in so genannten Spallationsanlagen, von denen bislang weltweit fünf existieren. Weitere leistungsfähige Spallationsquellen sind in Japan und den USA im Bau.
Darin werden die Neutronen nicht durch Kernspaltung wie in einem Reaktor gewonnen, sondern durch eine Art «Abdampfen» - ein Verfahren, das weitaus effizienter und gefahrloser sei als die herkömmliche Kernspaltung in Atomreaktoren, erläutert der Vorsitzende des ESS Council, Peter Tindemans. Mit fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Kernen von Wasserstoff-Atomen (Protonen) wird ein Metall-Ziel («Target») beschossen und damit dessen Atomkerne energetisch aufgeheizt. Um abzukühlen, «dampfen» die Atomkerne Neutronen ab. Mit einer Leistung von je fünf Megawatt an zwei Target- Stationen soll die ESS die im Bau befindlichen Neutronenquellen in Japan und den USA um das Zehnfache übertreffen und die Führungsposition in der Neutronenforschung sichern.
Auf nationaler Ebene wird die Bundesregierung das Rennen um den ESS-Standort voraussichtlich erst nach der Wahl entscheiden. Ende 2003 soll auf europäischer Ebene der Sieger ausgerufen werden. Außer Deutschland sind derzeit Dänemark, Schweden und Großbritannien im Rennen. Noch sei der Wettbewerb offen für weitere Bewerber, betont Tindemans. Laut einer Studie der Universität Köln über den ESS- Standort Jülich würden während der Bauphase 700 bis 900 Arbeitsplätze geschaffen. Darüber hinaus prognostiziert die Untersuchung rund 600 direkte und 1500 indirekte Arbeitsplätze bei jährlichen Betriebsausgaben von etwa 150 Millionen Euro.
(Internet: ESS-Homepage: http://www.ess-europe.de) dpa hs yynwk tim
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