Wie Herpesviren das Immunsystem austricksen
Neue Ansatzpunkte für die Tumortherapie
Was passiert, wenn ein Erreger in den Körper gelangt, ist heute bis in die Details der molekularen Abläufe hinein bekannt. Weniger weiß man darüber, wie und wann es zu einer effizienten Infektion kommt und welche Faktoren den Krankheitsverlauf beeinflussen. Inzwischen ist aber klar, dass Viren aus der Familie der Herpesviren virale Faktoren produzieren, die den Peptidbeladungskomplex angreifen. So können sie der Immunabwehr langfristig entgehen. Die Mechanismen, die Viren dazu im Laufe der Evolution entwickelt haben, sind sehr unterschiedlich, wie die Arbeitsgruppe von Robert Tampé an der Goethe-Universität herausgefunden hat.
Ein zentraler Spieler des Peptidbeladungskomplexes und zugleich beliebter Angriffspunkt der viralen Faktoren ist der Transporter TAP. Er hat die Aufgabe, Proteinfragmente (Peptide) der Zelle in das endoplasmatische Retikulum (ER) zu transportieren. Über dieses vielfach gefaltete Membransystem im Zellinneren gelangen die Peptide an die Zelloberfläche, wo sie den "Inspektoren" des Immunsystems präsentiert werden. Doch auf welche Weise können virale Faktoren die Funktion der Translokationsmaschinerie stören? Die Arbeitsgruppe von Tampé untersuchte zunächst im Detail, nach welchen Kriterien der Membranproteinkomplex ein Peptid für den Transport ins ER "auswählt". Kürzlich entdeckten sie auch, wie die verschiedenen Module des Transporters miteinander kommunizieren, um das Peptid über die Membranbarriere zu bringen. Diese Erkenntnisse bilden unter anderem die Grundlage für die Entwicklung neuartiger Tumor-Therapeutika, denn langfristig setzen Mediziner auf Therapeutika, die das Immunsystem im Kampf gegen Tumore unterstützen. Da es von sich aus bereits in der Lage ist, entartete Zellen zu erkennen und effizient zu bekämpfen, reichen "Hilfestellungen" womöglich bereits aus. Beispielsweise könnte man dem Körper Tumorantigene zuführen, die dann durch TAP transportiert und dem Immunsystem präsentiert werden, so dass es aktiv wird.
Die Entschlüsselung mechanistischer Details im Zusammenspiel der viralen Faktoren und TAP hilft außerdem, den Peptidbeladungskomplex genau zu verstehen. Kürzlich wurde in der Arbeitsgruppe Tampés ein herpesviraler Faktor charakterisiert, der in einem dualen Mechanismus nicht nur TAP lahmgelegt, sondern auch abbaut, so dass die Zelle Peptide weniger effizient präsentieren kann. Aus diesen Prozessen lassen sich wertvolle Rückschlüsse auf die Funktionsweise des Transporters innerhalb der Zelle ziehen. Für die Medizin und Pharmakologie ist dies von grundlegender Bedeutung.
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