Zellteilung auf Knopfdruck

Innovationspreis für Braunschweiger Helmholtz-Forscher: Neue Methode in der Medikamentenentwicklung

10.10.2008 - Deutschland

Der Braunschweiger Forscher Tobias May vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) hat den Innovationspreis 2008 der BioRegionen in Deutschland erhalten. Der Forscher aus der HZI-Abteilung "Genregulierung und Differenzierung" empfängt den Preis für die Erfindung eines Verfahrens, mit dem es möglich ist, neue pharmazeutische Wirkstoffe leichter unter lebensnahen Bedingungen zu testen.

Damit Wissenschaftler sichere Medikamente entwickeln können, müssen sie die Wirkstoffe unter lebensnahen Bedingungen testen. Das bedeutet, dass sich die Zellen in der Kulturschale fast wie ein menschliches Organ verhalten sollten. Nur so kann man sehr früh in der Entwicklung Nebenwirkungen entdecken und gleichzeitig eine größtmögliche Wirkung erzielen. Derzeit sind direkt aus Organen entnommene Zellen, sogenannte Primärzellen, das beste Modell, um die Bedingungen im Körper nachzubilden. Allerdings haben diese Zellen nur eine begrenzte Lebensdauer und sind selten in der notwendigen Menge verfügbar. Deswegen verwendet die Forschung standardisierte Zell-Linien. Diese unsterblichen Zellen stammen aus Tumoren und sind leicht zu vermehren. Der Nachteil dieser Zell-Linien ist jedoch, dass sie krebsartig verändert sind und nur eingeschränkt die Bedingungen eines Organs zeigen.

Die neue Methode von Tobias May vereint die Eigenschaften beider Modelle: die größtmögliche Nähe von Primärzellen zum menschlichen Körper und die unbegrenzte Verfügbarkeit der Zell-Linien. Um dies zu erreichen bringt May Gene in isolierte Primärzellen ein, die sie potenziell unsterblich machen. Diese sogenannten Immortalisierungsgene lassen sich einfach über molekulare Zusätze im Medium ein- und ausschalten. Werden sie aktiviert, beginnen die Zellen sich ähnlich den Krebszellen unbegrenzt zu teilen. Hat man die Menge an gewünschten Zellen erhalten, schaltet man das Immortalisierungsgen aus und die Zellen verhalten sich wieder wie Primärzellen.

"Der Vorteil dieser neuen Methode gegenüber herkömmlichen Testsystemen ist die einfache Handhabbarkeit", sagt May. "Es ist prinzipiell möglich, aus jedem gewünschten Organ Zellen zu isolieren und mit dieser Methode für die pharmazeutische Wirkstoffentwicklung zu vermehren." Bisher hat der Forscher das Verfahren auf Blutgefäßzellen angewendet. Sie sind maßgeblich bei Krankheiten wie Arteriosklerose und Tumorerkrankungen beteiligt und die Pharmazeutik hat einen großen Bedarf an diesen Zellen. Im Augenblick arbeitet May daran, dieses System ebenfalls für Dünndarm- und Leberzellen zu etablieren. Damit könnte man dann in Zukunft einfacher die Aufnahme von Wirkstoffen in Dünndarmzellen und den Abbau der Medikamente in Leberzellen untersuchen. Gerade der ungefährliche Abbau eines Wirkstoffes in der Leber ist ein wichtiges Merkmal bei der Entwicklung neuer Medikamente. Bislang gibt es für Leberzellen kein geeignetes Testsystem. Hier verspricht die neue Methode einen wichtigen Fortschritt in der Medikamentenentwicklung, der die Juroren überzeugte.

Verliehen wurde der mit 2000 Euro dotierte Preis im Rahmen der Biopolitik-Konferenz auf der Biotechnica.

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