Wenn unser Schutzpanzer Schwächen zeigt
Gendefekt in Hautzellen führt zu Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma
Allergische Erkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten in den meisten Industrienationen stark zugenommen. Als Auslöser gilt eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren. In den letzten Jahren wurden mehrere Gene im Zusammenhang mit allergischen Erkrankungen untersucht - und eines davon entpuppte sich tatsächlich als Schlüsselfaktor. Dieses Gen enthält die Bauanleitung für Filaggrin, ein essentielles Protein in der Hornschicht der Haut.
Wird dieses Protein aufgrund eines Gendefekts vermindert oder überhaupt nicht gebildet, ist die natürliche Verhornung gestört und die natürliche Barrierefunktion der Haut eingeschränkt. Varianten des Filaggrin-Gens sind für die so genannte Fischschuppenkrankheit oder Ichthyosis vulgaris verantwortlich, die je nach genetischer Konstellation nur sehr milde ausgeprägt sein kann ("trockene Haut"). Darüber hinaus deuten eine Reihe von Studien daraufhin, dass die Genvarianten auch einen starken Risikofaktor für die Entwicklung von Neurodermitis darstellen.
In einem vor kurzem in der Fachzeitschrift "Pharmacogenomics" erschienenen Übersichtsartikel fasste die Arbeitsgruppe von Dr. Stephan Weidinger, Technische Universität München und Helmholtz Zentrum München, sowie Dr. Thomas Illig, ebenfalls Helmholtz Zentrum München, die bisher vorliegenden Daten zu den Folgen eines Filaggrindefekts zusammen.
"Die Haut erfüllt eine Vielfalt an Funktionen und ist eine äußerst wirkungsvolle physikalische, chemische und immunologische Barriere", so Dr. Stephan Weidinger. "Sie schützt uns vor mechanischen Verletzungen, aber auch vor dem Eindringen von Stoffen aus der Umwelt, wie Erregern und Allergenen. Besonders wichtig dafür ist die äußerste Schicht, die selbst aus mehreren Lagen bestehende Epidermis. An der Außenseite enthält sie fast ausschließlich abgestorbene und komplex verpackte, verhornte Zellen. Für die ordnungsgemäße Verhornung ist Filaggrin ein entscheidendes Protein".
Die Resultate zu Asthma waren besonders überraschend, weil Filaggrin bislang nicht im Epithel der Bronchien, also der äußersten Schicht der Luftwege, nachgewiesen wurde, sondern nur für die Haut von Bedeutung zu sein scheint. Möglicherweise bedingt eine geschwächte Hautbarrierefunktion ein erleichtertes Eindringen von Allergenen und eine erhöhte Entzündungsbereitschaft. "Insgesamt zeigen unsere Resultate, dass Mutationen im Filaggrin-Gen extrem starke Risikofaktoren für Neurodermitis sind und darüber hinaus Heuschnupfen und bei einem bereits bestehenden Ekzem auch Asthma verursachen können", so Weidinger. "Asthma alleine scheint dagegen nicht mit diesen Gendefekten in Zusammenhang zu stehen."
Originalveröffentlichungen: * Elke Rodriguez, Thomas Illig, Stephan Weidinger; "Filaggrin loss-of-function mutations and association with allergic diseases."; Pharmacogenomics 2008; 9:399-413.
Stephan Weidinger, Maureen O'Sullivan, Thomas Illig, Hansjörg Baurecht, Martin Depner, Elke Rodriguez, Andreas Ruether, Norman Klopp, Christian Vogelberg, Stephan K. Weiland, W.H. Irwin McLean, Erika von Mutius, Alan d. Irvine, Michael Kabesch; "Filaggrin mutations, atopic eczema, hay fever, and asthma"; Journal of Allergy and Clinical Immunology 2008, 121(5):1203-1209.
Natalija Novak, Hansjoerg Baurecht, Torsten Schäfer, Elke Rodriguez, Stefan Wagenpfeil, Norman Klopp, Joachim Heinrich, Heidrun Behrendt, Johannes Ring, H.-Erich Wichmann, Thomas Illig, Stephan Weidinger; "Loss-of-Function Mutations in the Filaggrin Gene and Allergic Contact Sensitization to Nickel."; J Invest Dermatol 2008, 128(6):1430-5.