Verschiedene Verpackungshelfer in pflanzlichen und tierischen Zellen
Evolution von Transportregulatoren ist nicht parallel verlaufen
Die Versuchspflanze der Wissenschaftler ist Arabidopsis thaliana. Ihr bekanntester Transportregulator namens GNOM ähnelt sehr dem Regulator, der in Zellen von Säugetieren am Golgi-Apparat die Stoffverpackung in Vesikel steuert. Obwohl diese Aufgabe auch in Pflanzenzellen zu erledigen ist, regelt GNOM stattdessen an so genannten Endosomen die Verpackung von Stoffen, die zur Zellmembran, die die ganze Zelle umschließt, transportiert werden. Endosomen sind von einer Membran umhüllte Blasen, die in Vesikeln verpackte Stoffe von der Zellmembran erhalten, sie sortieren und neu verpacken - entweder ins Zellinnere zum Abbau oder zurück zur Zellmembran zur Wiederverwendung (Recycling). Auf diese Weise sorgt GNOM dafür, dass Transporter des Pflanzenhormons Auxin an die Zellmembran, ihren Wirkort, gelangen, und somit hat GNOM eine wichtige Aufgabe in der Entwicklung der Pflanzen. Wenn es fehlt, kann die Pflanze keine Achse ausbilden, weiß also nicht so recht, wo oben und unten ist, und wächst im Extremfall als Ball.
Doch wie wird dann in der Arabidopsis-Zelle die Vesikelverpackung am Golgi-Apparat geregelt, wenn GNOM woanders wirkt? Das, so haben die Forscher festgestellt, übernimmt ein naher Verwandter von GNOM, der deshalb GNL1 genannt wurde (englisch: GNOM-LIKE1). Interessanterweise konnte GNOM die Funktion von GNL1 ersetzen. Das bedeutet, dass beide Regulatoren die ursprüngliche Funktion am Golgi-Apparat ausüben, während GNOM eine zusätzliche neue Aufgabe hat.
"Wir wissen, dass es in Einzellern nur einen Transportregulator aus dieser Gruppe gibt. Er hat die Ursprungsfunktion, am Golgi-Apparat die Vesikelverpackung zu steuern", erklärt Sandra Richter, die Doktorandin am ZMBP ist. In tierischen Zellen wurde die Funktion so übernommen, während bei Pflanzen der ursprüngliche Regulator verdoppelt wurde, und eine Kopie habe wahrscheinlich andere Funktionen übernommen. In der Evolution seien dann unterschiedliche Spezialisierungen bei Tieren und Pflanzen erfolgt. "Vermutlich hat die Spezialisierung relativ spät innerhalb des Pflanzenreichs statt gefunden", sagt Sandra Richter. "Denn zum Beispiel hat ein Moos - wie Tiere auch - nur ein Exemplar des Transportregulators, während Blütenpflanzen mehrere, spezialisierte Exemplare haben." Die Evolution der Tiere hat hingegen für den Kreislauf zwischen Zellmembran und Endosomen eine neue Klasse von Transportregulatoren hervorgebracht. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass die beiden großen Reiche der Lebewesen in der Evolution immer wieder verschiedene Lösungen für dasselbe Problem gefunden haben.
Originalpublikation: Sandra Richter, Niko Geldner, Jarmo Schrader, Hanno Wolters, York-Dieter Stierhof, Gabino Rios, Csaba Koncz, David G. Robinson & Gerd Jürgens; "Functional diversification of closely related ARF-GEFs in protein secretion and recycling."; Nature 2007, 448.
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