Forscher entdecken neues Asthma-Gen

Vollständiger Genvergleich identifiziert verdächtige Sequenz

06.07.2007

In einer groß angelegten Studie an 2.643 Kindern haben internationale Forscher unter Beteiligung der Abteilung für Experimentelle Pneumologie der Ruhr-Universität (Prof. Dr. Albrecht Bufe) eine Genvariante entdeckt, die mit hoher Signifikanz zum Asthmarisiko im Kindesalter beiträgt. Durch Vergleiche des gesamten Genoms der gesunden und asthma-kranken Kinder (genome wide screening) waren sie auf Varianten einer Sequenz auf Chromosom 17q21 aufmerksam geworden, die die Protein-Gruppe ORMDL3 verschlüsselt. Varianten in dieser Gensequenz sind mit einem signifikant erhöhten Asthmarisiko verbunden.

Eine der Ursachen für die Entstehung von Asthma sind bestimmte Erbfaktoren: Ein Kind, dessen Eltern beide Asthmatiker sind, wird mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls daran erkranken. Ein Kind gesunder Eltern hat nur ein fünf- bis 15-prozentiges Risiko, je nachdem wo es aufwächst. Zu den genetischen Faktoren zählen Variationen in der komplexen Regulation der Sensibilisierung zu Allergien, Variationen der Reaktion des angeborenen Immunsystems auf unzählige mikrobielle und andere Umweltfaktoren sowie Variationen in Genen, die für entzündliche Reaktionen von Schleimhäuten und des Immunsystems verantwortlich sind. "Es werden zahlreiche Genvariationen auf verschiedensten Genen für die Entstehung von Allergien und allergischen Krankheiten wie Neurodermitis, Heuschnupfen und eben Asthma verantwortlich gemacht", erklärt Prof. Bufe. "Eine eindeutige Klärung dieser komplexen Situation ist bisher allerdings nur teilweise möglich gewesen."

Um mehr Klarheit zu erlangen, beteiligt sich die Bochumer Experimentelle Pneumologie an der "Multicentre Asthma Genetics in Childhood Study" (MAGICS, geleitet von der Münchner Universitätskinderklinik, PD Dr. M. Kabesch). Aus diesem Netzwerk stammen die meisten der insgesamt 2.643 für die Analyse untersuchten Kinder. "Diese sehr große Zahl an untersuchten Kindern ist ein Grund für die besondere Bedeutung der Studie", erklärt Prof. Bufe, "der andere ist, dass erstmals die Methode des 'genome wide screenings' an einer so großen Patientengruppe angewandt worden ist." Dabei wird die gesamte Geninformation aller Probanden miteinander verglichen. Variationen in den Genen - etwa der Austausch einzelner Basen, der häufig vorkommt und keineswegs krank machen muss - werden daraufhin untersucht, ob sie häufig mit einer bestimmten Erkrankung gemeinsam auftreten. "Bei rund 40.000 menschlichen Genen ist das wie am Himmel nach Sternen suchen", illustriert Prof. Bufe.

Das genome wide screening, das im Rahmen eines Europäischen GABRIEL-Konsortiums unter Federführung des Imperial College in London (Prof. Dr. W. Cookson) durchgeführt wurde, lenkte die Aufmerksamkeit der Forscher auf den Genkomplex ORMDL3 auf Chromosom 17q21. Variationen in dieser Sequenz traten signifikant häufiger bei Kindern auf, die an Asthma litten, sind also ein deutlicher Risikofaktor. Die Funktion des Genkomplexes ist noch völlig unbekannt. "Wir wissen lediglich, dass ORMDL3 auf dem endoplasmatischen Retikulum, einer Zell-Organelle, in zahlreichen Zellen und Geweben, vor allem aber in Immunzellen, exprimiert wird", so Prof. Bufe. "Wir haben hier etwas völlig Unbekanntes, Neues gefunden - das eröffnet uns möglicherweise eine ganz neue Perspektive im Verständnis von kindlichem Asthma", hofft er. Als nächstes versuchen die Forscher, die genaue Funktion der von den Variationen im Genkomplex ORMDL3 betroffenen Proteine herauszufinden.

Originalveröffentlichung: Miriam F. Moffatt et. al.; "Genetic variants regulating ORMDL3 expression contribute to the risk of childhood asthma."; NATURE Advance Online Publication 2007.

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