Krebsgen als Schutzpatron dopaminerger Nervenzellen

Gesucht: Konzept zur Therapie der Parkinsonschen Krankheit

14.05.2007

Hoffnungsträger bei der Entwicklung von Konzepten gegen die Parkinson-Krankheit ist ein bekanntes Krebsgen: Ras, das während der embryonalen Entwicklung das Absterben von Nervenzellen verhindert, könnte auch bei neurodegenerativen Erkrankungen hilfreich sein. Wie sich das Ras nutzen lassen könnte, erforscht die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Rolf Heumann (Lehrstuhl für Molekulare Neurobiochemie der Ruhr-Universität Bochum). Ihr ist es gelungen, aus genetisch veränderten Vorläuferzellen Neurone zu züchten, die Ras produzieren und vor dem Absterben geschützt sind, jedoch keine Tumore bilden.

Bei Parkinson-Patienten degenerieren in einer bestimmten Gehirnregion, der substantia nigra, Nervenzellen (Neurone), die den Neurotransmitter Dopamin herstellen und ausschütten. Diese sog. dopaminergen Neurone sind Teil eines Schaltkreises zur Bewegungskontrolle. Folgen des Absterbens der dopaminergen Neurone sind typische Störungen: Muskelzittern, Muskelstarre und Bewegungsarmut, die bis zur Bewegungsunfähigkeit führen kann. Bei einer geringen Anzahl von Patienten ist die Parkinsonsche Krankheit mit einer Mutation in bestimmten Genen gekoppelt. "Eine Hoffnung auf Heilung besteht in der Entwicklung einer geeigneten Zelltherapie", erklärt Prof. Heumann. "Neben der Erzeugung oder Transplantation von geeigneten Zellen ist auch deren funktionelle Integration in den Organismus notwendig."

Frühere Untersuchungen der RUB-Forscher haben ergeben, dass Ras -ein bekanntes Krebsgen - das Absterben von Neuronen während der Embryonalentwicklung verhindert und in differenzierten Neuronen keine Tumorentwicklung mehr verursacht. Ausgehend von dieser Beobachtung untersuchen sie nun, ob diese durch Ras in Neuronen ausgeübte Schutzwirkung auch bei neurodegenerativen Krankheiten, wie z. B. der Parkinsonschen Krankheit von therapeutischer Bedeutung sein kann.

Bisherige Zelltherapiekonzepte der Transplantation von embryonalen dopaminergen Neuronen scheitern außer an ethischen auch an zellbiologisch/medizinischen Problemen: Embryonale dopaminerge Neurone sind sehr empfindlich und sterben bei Transplantation bis zu 90 Prozent ab. "Ein alternatives Konzept schlägt die Verwendung von embryonalen Stammzellen vor", erläutert Prof. Heumann, "diese sind aber ebenfalls ungeeignet, da sie nach der Transplantation Tumore bilden." Statt der problematischen embryonalen Stammzellen verwenden die RUB-Forscher daher Kulturen von neuronalen Vorläuferzellen, die aus einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium stammen und nach Transplantation keine Tumoren mehr bilden. "Der entscheidende Punkt ist, dass die von uns verwendeten Vorläuferzellen genetisch verändert sind, so dass sie erst nach Differenzierung in Neurone das Ras-Krebsgen herstellen", so Heumann. Bei der Ausdifferenzierung der Vorläuferzellkulturen entstehen verschiedene Typen von Neuronen in großer Zahl, die zwar alle das Ras-Krebsgen produzieren, sich aber nicht mehr teilen können. Die Ergebnisse, die aus diesen Kulturen gewonnen wurden, sind in doppelter Hinsicht viel versprechend: Erstens kann durch den Einfluss des Ras-Krebsgens eine erhöhte Anzahl der erwünschten dopaminergen Neurone erzielt werden, und zweitens sind die so entstandenen dopaminergen Neurone deutlich weniger empfindlich gegenüber spontan auftretender oder durch toxischen Einwirkung verursachter Degeneration.

Auf der Suche nach dem zugrunde liegenden Mechanismus fanden die Wissenschaftler Transkriptionsfaktoren, die allgemein eine Überschreibung bestimmter Gene in die mRNA bewirken. Das Ras-Krebsgen aktiviert den MAPKinase-Signalweg, der die Übertragung einer Phosphatgruppe auf einen bestimmten Transkriptionsfaktor, CREB (cyclic AMP responsive element binding protein,) erhöht. CREB reagiert im Zellkern mit einer Kontrollregion der DNS. Dadurch wird die mRNA und nachfolgend die Proteinsynthese eines weiteren Transkriptionsfaktors (Nurr1) erhöht. Dieser bewirkt die verstärkte Bildung der dopaminergen Neurone und damit die erhöhte Synthese des gewünschten Neurotransmitters Dopamin.

Originalveröffentlichung: Koushik Chakrabarty, Tsvetan Serchov, Stefan A. Mann, Irmgard D. Dietzel and Rolf Heumann; "Enhancement of dopaminergic properties and protection mediated by neuronal activation of Ras in ventral mesencephalic neurones."; European Journal of Neuroscience 2007, Volume 25, Issue 7, Page 1971.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...