Erblich bedingtes Nierenversagen hinauszögern: 300.000 Euro für die Universitätsmedizin Göttingen

20.03.2007

Nierenforscher der Universitätsmedizin Göttingen erhalten rund 300.000 Euro Fördergelder für zunächst drei Jahre für die Entwicklung von Behandlungsmöglichkeiten der bisher unheilbaren, erblichen Nierenerkrankung "Alport Syndrom". Ziel ist es, das Nierenversagen der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu verzögern und damit ihr Leben zu verlängern. Der Studienleiter, Priv. Doz. Dr. Oliver Gross, aus der Abteilung Nephrologie und Rheumatologie (Direktor: Prof. Dr. Gerhard Anton Müller) der Universitätsmedizin Göttingen kooperiert in dem Projekt mit Priv. Doz. Dr. Hans-Joachim Anders vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bewilligt wurde die Förderung von der privaten Französischen "Gesellschaft für die Information und Erforschung erblicher Nierenerkrankungen" (Association pour l`information et la récherche sur les maladies rénales génétiques, AIRG) und ihren europäischen Schwesterorganisationen.

Das Alport Syndrom ist eine seltene erbliche Nierenerkrankung, bei der das Nierengewebe ab dem frühen Kindesalter zunehmend vernarbt. Die Nieren können das Blut nicht mehr reinigen, der Körper "vergiftet sich selbst". Obwohl molekulargenetische Nachweismethoden existieren, wird die Krankheit oft erst im Grundschulalter entdeckt, wenn die Nierenschäden bereits "in vollem Lauf" sind. Die Betroffenen müssen im Durchschnitt mit 20 Jahren an die Dialyse (Blutwäsche) und haben eine verkürzte Lebenserwartung.

Hinter der Krankheit stehen Defekte im Gen für das Struktur-Eiweiß "Typ IV-Kollagen", das am korrekten Aufbau der Niere beteiligt ist. Diese Defekte führen zu einem komplexen "Teufelskreis", bei dem die Nieren zunehmend denen eines fortgeschrittenen Zuckerkranken (Diabetikers) ähneln: Die defekten Eiweiße werden als Vernarbungen erkannt - Entzündungszellen werden aktiv und fördern weitere Vernarbungen. Bis jetzt gibt es keine wirksame Behandlung, um den fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion zuverlässig aufzuhalten. In Deutschland sind etwa 1.000 Kinder betroffenen. 5.000 Familien sind bekannt, in denen die Erkrankung auf Nachkommen vererbt werden kann.

Für die Erforschung des Alport Syndroms arbeitet Dr. Gross seit vielen Jahren, zusammen mit Prof. Dr. Manfred Weber von der Universität Köln bzw. Universität Witten-Herdecke, mit einem Mausmodell des Alport Syndroms. Bei den "Alport-Mäusen" verläuft die Krankheit vollständig im Zeitraffer von zehn Wochen ab. Systematische Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Mäuse mit so genannten ACE-Hemmern, die bei Diabetikern eingesetzt werden, erfolgreich behandeln lassen.

In einer Pilotstudie wurden ab 2001 einige junge Alport-Patienten in Deutschland, der Schweiz und Österreich mit ACE-Hemmern behandelt. Mit Hilfe der Unterstützung durch die AIRG soll die Studie nun auf weitere europäische Staa-ten ausgeweitet werden. Verlaufen die Studien erfolgreich, könnte dies zur europaweiten Zulassungserweiterung der ACE-Hemmer für die Behandlung des Alport-Syndroms bei Kindern führen.

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