Cannabis beeinflusst die Geruchswahrnehmung

28.02.2007

Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen haben zum ersten Mal nachweisen können, dass die Funktion von Sinneszellen in der Riechschleimhaut durch Cannabinoide beeinflusst wird. Sie zeigten, dass Riechzellen auf Duftstoffe verzögert, schwächer oder gar nicht reagierten, wenn sie zuvor mit einem Cannabis-Antagonisten (Hemmstoff) behandelt wurden. Die Erkennung der Duftstoffe normalisierte sich, sobald Cannabis hinzugefügt und die Wirkung des Gegenstoffs aufgehoben wurde. Die Studie stand unter gemeinsamer Leitung von Prof. Dr. Dr. Detlev Schild, Dr. Dirk Czesnik und Dr. Ivan Manzini, Abteilung Neurophysiologie und zelluläre Biophysik der Universitätsmedizin Göttingen und des DFG Forschungszentrums für Molekularphysiologie des Gehirns (CMPB). Die Forscher schließen aus den Ergebnissen, dass körpereigene Substanzen, die wie Cannabis Einfluss nehmen, die Empfindlichkeit zumindest einiger Sinnessysteme verstärkt.

Cannabis wird schon seit Jahrtausenden von vielen Völkern medizinisch eingesetzt. Doch erst seit Ende der 1980er Jahre ist bekannt, dass der menschliche Körper selbst Cannabisvergleichbare Stoffe - so genannte Endocannabinoide - produziert und diese Stoffe eine Rolle bei der Signalverarbeitung im Gehirn spielen. Der mögliche Einfluss von Endocannabinoiden bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie, Multiple Sklerose oder Parkinson ist seither Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Bekannt ist, dass der regelmäßige Konsum von Cannabis zu langfristigen kognitiven Schäden wie Motivations- und Konzentrationsverlust führen kann. Doch die grundlegenden Mechanismen, die sich dabei auf molekularer und zellulärer Ebene im Ge-hirn abspielen, sind noch nicht geklärt.

Die Göttinger Forscher haben nun den Einfluss von Cannabinoiden in einem dafür geeigneten Modellsystem - dem Geruchssinn von Kaulquappen - getestet. Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss des körpereigenen Cannabinoid-Systems auf das Riechen zu untersuchen und seine Bedeutung für die Sinneswahrnehmung zu klären. Für ihre Untersuchungen veränderten die Forscher die Konzentration von Cannabinoiden, während sie gleichzeitig die Sinneszellen reizten. Je nach An- oder Abwesenheit von Cannabinoiden variierten die elektrischen und chemischen Signale der Sinneszellen stark. "Zum ersten Mal ist damit bewiesen, dass Cannabinoide nicht nur im Gehirn Signale verändern, sondern auch schon jene Signale beeinflussen, die zum Gehirn geleitet werden", sagt der Leiter der Studie, Prof. Dr. Dr. Detlev Schild.

Originalveröffentlichung: D. Czesnik, D. Schild, J. Kuduz, I. Manzini; "Cannabinoid action in the olfactory epithelium."; Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 2007, 104(8), 2967-2972.

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