Erfolgreiche Gentherapie für tödliche Erbkrankheit im Mausmodell

Göttinger Forscher finden ein Verfahren zur Behandlung einer erblich bedingten, tödlichen Stoffwechselkrankheit

14.02.2007

Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Göttingen ist es erstmals gelungen, in einem Mausmodell eine erblich bedingte tödliche Stoffwechselkrankheit, die sogenannte Molybdän-Cofaktor (MoCo) Defizienz, mit Hilfe von Gentherapie zu heilen. Ursache dieser seltenen Erbkrankheit ist ein Defekt an einem einzigen Gen - dem Gen MOCS1. Die Göttinger Forscher haben eine Methode gefunden, gezielt die fehlende genetische Information einzuschleusen. Die Studie stand unter gemeinsamer Leitung von Dr. Sebastian Kügler, Abteilung Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen, DFG Forschungszentrum Molekularphysiologie des Gehirns (CMPB), und von Prof. Dr. Jochen Reiss, Abteilung Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen. Die Ergebnisse liefern grundlegende Erkenntnisse für eine mögliche gentherapeutische Behandlung vieler im frühen Kindesalter auftretender genetischer Erkrankungen.

Um die genetische Information in die Zellen der Mäuse zu transportieren, nutzten die Göttinger Forscher eine Variante der Gentherapie: Sie setzten spezielle Viren ein, die so verändert sind, dass sie als Transport-Vehikel - auch Gentransfervektoren genannt - für heilende Gene dienen können. Diese Viren binden gezielt an spezifische Zellen und transportieren die genetische Information genau dorthin, wo sie im Organismus fehlt. Für das Mausmodell der Erbkrankheit hatte die Gruppe um den Humangenetiker Prof. Dr. Jochen Reiss zuvor das Gen MOCS1 vollständig ausgeschaltet und so die Krankheit im Mausmodell simuliert. Mit Hilfe der Gentransfervektoren ist es gelungen, die fehlende genetische Information im Organismus der Mäuse zu ersetzen. Alle notwendigen Komponenten für den Stoffwechsel wurden wieder produziert. Die Mäuse entwickelten sich normal.

Für viele monogenetische Erbkrankheiten gibt es derzeit keine Therapie. "Die Methode des Gen-Transports via spezieller Viren halten wir im Prinzip für übertragbar auch auf andere monogenetische Erbkrankheiten," so Dr. Sebastian Kügler. Der in der aktuellen Studie für die Gentherapie verwendete Adeno-Assoziierte Virus (AAV) zeichnet sich durch zwei wesentliche Sicherheitsmerkmale aus: "Erstens ist das Virus für Menschen vollkommen ungefährlich. Und zweitens integriert der AAV-basierte Gentransfer-Vektor seine genetische Information nicht in das Genom der infizierten Zellen," sagt Prof. Reiss. Dadurch wird schon im Ansatz einer möglichen schwerwiegenden Nebenwirkung gentherapeutischer Verfahren entgegengewirkt, der Tumorbildung.

Allerdings hat die Tatsache, dass AAV-Vektoren sich nicht in das Genom der infizierten Zellen einklinken, auch einen entscheidenden Nachteil für eine eventuelle Anwendung der Methode gerade bei sehr jungen Patienten: Während des Wachstums eines Organs teilen sich auch die infizierten Zellen - und so geht mit der Zeit die genetische Information des Gentransfer-Vektors verloren. Beim menschlichen Patienten könnte es also notwendig werden den Gentransfervektor z.B. im frühen Erwachsenenalter erneut anzuwenden, um sicherzustellen, dass immer genügend Zellen die notwendigen Stoffwechselvorgänge ausführen können.

Einem solchen Weg steht aber das menschliche Immunsystem gegenüber: Das Immunsystem "merkt" sich die Proteine der Virushülle als körperfremde Substanzen. Im Falle der Gentherapie kann die Aktivierung des Immunsystems deshalb auch dazu führen, dass bei der zweiten Anwendung des Gentransfer-vektors dieser vom Immunsystem bekämpft und damit zumindest teilweise wirkungslos gemacht wird.

Dem Immunsystem wollen die Forscher mit einem Trick beikommen: Es ist bekannt, dass im Stadium des frühen Kindesalter das Immunsystem noch darauf "trainiert" werden kann, körperfremde Proteine als "eigene" zu erkennen. Diesen Vorgang wollen die Göttinger Forscher näher untersuchen und für ihre Methode ausloten.

Originalveröffentlichung: S. Kügler, R. Hahnewald, M. Garrido, J. Reiss; "Long-Term Rescue of a Lethal Inherited Disease by Adeno-Associated Virus-Mediated Gene Transfer in a Mouse Model of Molybdenum-Cofactor Deficiency."; The American Journal of Human Genetics 2007, 80, pp. 291 - 297.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Diese Produkte könnten Sie interessieren

Antibody Stabilizer

Antibody Stabilizer von CANDOR Bioscience

Protein- und Antikörperstabilisierung leicht gemacht

Langzeitlagerung ohne Einfrieren – Einfache Anwendung, zuverlässiger Schutz

Stabilisierungslösungen
DynaPro NanoStar II

DynaPro NanoStar II von Wyatt Technology

NanoStar II: DLS und SLS mit Touch-Bedienung

Größe, Partikelkonzentration und mehr für Proteine, Viren und andere Biomoleküle

Loading...

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...

Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten

Themenwelt Gentherapie

Genetische Erkrankungen, die einst als unbehandelbar galten, stehen nun im Zentrum innovativer therapeutischer Ansätze. Die Forschung und Entwicklung von Gentherapien in Biotech und Pharma zielen darauf ab, defekte oder fehlende Gene direkt zu korrigieren oder zu ersetzen, um Krankheiten auf molekularer Ebene zu bekämpfen. Dieser revolutionäre Ansatz verspricht nicht nur die Behandlung von Symptomen, sondern die Beseitigung der Krankheitsursache selbst.

Themenwelt anzeigen
Themenwelt Gentherapie

Themenwelt Gentherapie

Genetische Erkrankungen, die einst als unbehandelbar galten, stehen nun im Zentrum innovativer therapeutischer Ansätze. Die Forschung und Entwicklung von Gentherapien in Biotech und Pharma zielen darauf ab, defekte oder fehlende Gene direkt zu korrigieren oder zu ersetzen, um Krankheiten auf molekularer Ebene zu bekämpfen. Dieser revolutionäre Ansatz verspricht nicht nur die Behandlung von Symptomen, sondern die Beseitigung der Krankheitsursache selbst.