Defektes Gen stört die Signalverarbeitung in der Zelle und beeinträchtigt das Immunsystem

03.01.2007

Forscher des Biozentrums Innsbruck und der Medizinischen Hochschule Hannover haben in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg eine genetische Ursache für die Störung der Signalweiterleitung in Zellen entdeckt. Das Fehlen eines zellulären Adapters führt zu Unordnung in der Zelle, wodurch wichtige Akteure für die Weiterleitung von Signalen nicht mehr zur rechten Zeit am rechten Platz sind. Für betroffene Patienten resultiert daraus eine komplexe Störung des Immunsystems.

Die Zellen eines Organismus empfangen laufend eine Vielfalt an Signalen aus ihrer Umgebung. Eiweißmoleküle an der Zelloberfläche registrieren diese Signale und leiten sie ins Innere der Zelle weiter, wo sie aufgenommen, interpretiert und verarbeitet werden. Je nach Art des Signals werden die Zellen dazu angeregt, zu wachsen, zu differenzieren, sich zu teilen oder aber durch programmierten Zelltod abzusterben. Entgleisen diese komplexen Prozesse, so entstehen Krankheiten wie Krebs oder Immunstörungen. Die Wissenschaftler um Univ.-Prof. Dr. Lukas Huber vom Biozentrum der Medizinischen Universität Innsbruck sind überzeugt, dass die räumliche und zeitliche Verteilung der an der Signalweiterleitung beteiligten Akteure von entscheidender Bedeutung sind: "Gerät diese genau definierte Ordnung innerhalb der Zelle durcheinander, dann kommt es zu krankhaften Veränderungen", sagt Lukas Huber. ?Wir wollen deshalb lernen, wie die Signale in der Zelle räumlich und zeitlich verteilt werden."

Die klinische Bedeutung dieser neuen Forschungsrichtung wurde deutlich, als die Klinische Forschergruppe um Univ.-Prof. Dr. Christoph Klein von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) auf ein Gen aufmerksam wurde, das für den Zelladapter p14 verantwortlich ist. Die Ärzte der Abteilung Kinderheilkunde, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der MHH (Direktor Prof. Dr. Karl Welte) hatten eine neue Immundefekterkrankung identifiziert, die durch Wachstums- und Immunstörungen sowie Albinismus gekennzeichnet ist. Kleinste Infektionen genügen, um das Leben der Patienten zu gefährden. In einer langjährigen Suche nach der genetischen Ursache wandten sie neue molekularbiologische Methoden an und konnten in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Dr. Bodo Grimbacher von der Universität Freiburg und dem Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig Veränderungen nachweisen, die zur Folge hatten, dass der Zelladapter p14 nur mehr in ganz geringen Mengen vorhanden war. Aufgrund dieses Gendefektes sind die weißen Blutkörperchen der betroffenen Patienten in ihrer Zahl erniedrigt und in ihrer Funktion gestört.

Im Rahmen des FWF-Spezialforschungsbereichs "Zellproliferation und Zelltod in Tumoren" entwickelte Prof. Lukas Huber in Innsbruck in über vierjähriger Kleinarbeit ein Mausmodell. Damit konnten die Innsbrucker Forscher nun die bei den deutschen Patienten beobachteten Ergebnisse in der Maus gezielt reproduzieren. "Es gelang uns der eindeutige Nachweis", so Huber, "dass das Fehlen des Adapters p14 zu einem heillosen Chaos in der Zelle führt. Die vom Adapter in Position gebrachten Gerüstproteine sind plötzlich nicht mehr an ihrem Platz. Und dadurch wird die von den Gerüstproteinen unterstütze Signalweiterleitung durch Kinasen unterbrochen." Damit liefern die Wissenschaftler auch ein potentielles Ziel für die Therapie dieser bisher unbekannten Krankheit.

Originalveröffentlichungen: Bohn G, Allroth A, Brandes G, Thiel J, Glocker E, Schaeffer AA, Rathinam C, Taub N, Teis D, Zeidler C, Dewey RA, Geffers R, Buer J, Huber LA, Welte K, Grimbacher B, Klein C ; "A novel human primary immunodeficiency syndrome caused by deficiency of the endosomal adaptor protein p14"; Nature Medicine.

Teis D, Taub N, Kurzbauer R, Hilber D, de Araujo ME, Erlacher M, Offterdinger M, Villunger A, Geley S, Bohn G, Klein C, Hess MW, Huber LA; "p14 MP1-MEK1 signaling regulates endosomal traffic and cellular proliferation during tissue homeostasis." J. Cell Biol. 2006, 175: 861-868.

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