Greenpeace kritisiert neue Gen-Patente

20.12.2006

(dpa) Greenpeace hat dem Europäischen Patentamt (EPA) in München erneut eine mangelnde ethische Bewertung bei der Patenterteilung vorgeworfen. Allein seit Anfang 2005 habe die Behörde 472 Patente auf menschliche Gene erteilt, kritisierte Greenpeace-Experte Christoph Then im Münchner Presseclub. Zudem seien 2005 und 2006 insgesamt 117 Patente auf Tiere und 241 Patente auf Pflanzen erteilt worden. Dabei sei zum Teil eindeutig gegen geltendes Patentrecht verstoßen worden, sagte Then. Allerdings sei das Patentrecht oft nicht klar genug gefasst, eine Überarbeitung der EU-Patentrichtlinie sei deshalb dringend nötig.

EPA-Sprecher Rainer Osterwalder wies die Kritik zurück. Bei der Patenterteilung werde strikt nach den Regeln verfahren, die der Gesetzgeber vorgebe. Die Bio-Patentrichtlinie der EU sei in das Europäische Patentübereinkommen eingeflossen und werde in der Praxis täglich angewendet. Bei abweichenden Meinungen über die Zulässigkeit eines Patents gebe es das Rechtsmittel des Einspruchs, das von Greenpeace oft - immer wieder auch mit Erfolg - wahrgenommen werde.

Greenpeace fordert ein striktes Verbot von Patenten auf den menschlichen Körper, auf Tiere sowie auf Pflanzen. Als Beispiel für mögliche EPA-Verstöße gegen das Patentrecht nannte Then das Krebs-Affen-Patent EP 811061. «Es umfasst auch Schimpansen, die mit menschlichen Krebsgenen manipuliert werden sollen», erläuterte der Greenpeace-Experte. In die Tiere wollen Wissenschaftler Gene einbauen, die verschiedene Krebserkrankungen wie Gebärmutter-, Brust- , Speicheldrüsen-, Knochen-, Haut- und Blutkrebs auslösen können. Greenpeace will gegen das Patent Einspruch einlegen.

Das Europäische Patentamt verhandelte am Dienstag über einen Einspruch von Greenpeace gegen ein anderes umstrittenes Patent. Dabei geht es um ein Verfahren zum Tiefkühlen von Gewebe. Mit dem so genannten Verglasen werden dabei Sperma, Eizellen und Embryonen so schonend eingefroren, dass nach dem Auftauen die biologischen Funktionen vollständig erhalten sind. Dieses Patent EP 1121015 umfasste zunächst auch das präparierte Gewebe, also auch menschliche Embryonen. Nach EPA-Angaben haben die Patentinhaberinnen - zwei US- Forscherinnen - diese Ansprüche aber zurückgezogen, so dass sich das Patent nur noch auf das Verfahren selbst bezieht. Dagegen liegt außerdem noch ein Einspruch der Fraunhofer-Gesellschaft vor.

Hier sieht Then noch rechtlichen Klärungsbedarf. Wenn nach dem Patentrecht ein bestimmtes Verfahren geschützt sei, bedeute dies nach den derzeitigen Bestimmungen, dass in der Regel auch die Ergebnisse eingeschlossen seien, selbst wenn dies nicht ausdrücklich so angemeldet werde, erläuterte der Greenpeace-Experte.

Als «Skandalpatent» bewertete Then auch ein Patent auf Bakterien, Pflanzen und Tiere mit Leuchtgenen. Auch die Anwendung auf menschliche Embryonen sei nicht ausgeschlossen, kritisierte der Gentechnik-Experte. Das Patent ziele mit den aus Quallen gewonnenen Leuchtgenen vor allem auf Spaßeffekte. Die Einspruchsfrist gegen dieses Patent sei bereits verstrichen, sagte Then. Greenpeace erwäge aber, das Patent, das gegen die guten Sitten verstoße, vor den Gerichten anzufechten.

Nach Recherchen der Wissenschaftlerin Ruth Tippe von der Aktion «Kein Patent auf Leben» sind beim EPA bisher fast 4800 Patente auf Pflanzen, knapp 4000 auf Tiere und mehr als 12 400 auf menschliche oder tierische Gene angemeldet worden. Erteilt wurden nach ihren Angaben bisher 705 Patente auf Pflanzen, 193 auf Tiere und ungefähr 900 auf menschliche Gene.

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