Mit den subtilen Waffen eines Pilzes

Eine internationale Forschergruppe hat Gene identifiziert, die dem Erreger des Maisbeulenbrandes ein Leben als Parasit ermöglichen

03.11.2006

Wenn Ustilago maydis eine Maispflanze befällt, tragen deren Kolben keine knackigen Körner, sondern monströse Beulen. Ein wirksames Mittel gegen den Erreger des Maisbeulenbrandes gibt es bislang nicht. Bei der Suche danach ist ein internationales Team von Biologen nun jedoch einen großen Schritt weitergekommen. Angeführt von Forschern des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie in Marburg haben die Wissenschaftler das Genom von U. maydis analysiert. Dabei haben sie unter den 7000 Genen des Pilzes einige gefunden, mit denen dieser auf Kosten seiner Wirtspflanze lebt - ohne sie zu töten. Möglicherweise helfen diese Gene dem Pilz auch, die Abwehr der Pflanzen zu umgehen. Forscher hoffen nun, diese Erkenntnisse auf andere Pilze zu übertragen, die wie Ustilago maydis auf lebende Pflanzen angewiesen sind. (Nature, 2. November 2006).

Ein Team von knapp 80 Wissenschaftlern aus der ganzen Welt untersuchte das Genom des Pilzes, um herauszufinden, wie dieser die Pflanze schädigt. Dabei haben sie eine Vielzahl von Genen identifiziert, die Baupläne für sekretierte Proteine enthalten. Solche Proteine scheidet der Pilz aus. Einige dieser Gene liegen im Genom an benachbarten Orten - sie bilden Cluster. Das ist ein Hinweis darauf, dass sie an ein und demselben Prozess mitwirken könnten.

"Wenn sie nicht in Clustern vorliegen würden, hätten wir sie vermutlich auch nicht gefunden", sagt Jörg Kämper, der die Arbeit der Forscher als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie koordinierte: "Das ist wie bei einem Getreidefeld auf dem 200 Kornblumen wachsen: Sind sie über das Feld verstreut, fallen sie nicht auf. Stehen sie aber dicht beisammen, sind sie leicht zu identifizieren."

"Ermöglicht haben unsere Arbeit drei sehr gute Sequenzierungen", sagt Jörg Kämper. Wie sich die Bausteine der DNA im Ustilago-Erbgut aneinander reihen, hatten nämlich sowohl die Unternehmen Bayer CropScience als auch Exelixis (USA) bestimmt. Zusätzlich hat das Broad Institute (USA) Ustilago im Rahmen der Fungal Genome Initiative seqenziert. "Um die Sequenz des Genoms auszuwerten, haben wir die gesamte Ustilago-Community zusammengebracht", sagt Kämper: "Jeder hat sich um Gene für bestimmte zelluläre Prozesse gekümmert."

Die Marburger Wissenschaftler konzentrierten sich auf Gene, die eine Rolle bei der Infektion der Pflanze spielen könnten. Und sie sind bei den Clustern der sekretierten Proteine fündig geworden. Denn die Aktivität der Gene nimmt zu, sobald der Pilz eine Pflanze infiziert. "Das deutet darauf hin, dass es sich bei den sekretierten Proteinen um Effektoren handeln könnte, die die Interaktion des Pilzes mit der Pflanze steuern", sagt Regine Kahmann, Direktorin am Marburger Max-Planck-Institut. Um diesen Verdacht zu erhärten, hat ihre Arbeitsgruppe in verschiedenen Experimenten jeweils einen dieser zwölf Cluster aus dem Genom entfernt. Dabei zeigte sich, dass vier der Cluster unerlässlich dafür sind, dass der Pilz seine volle schädliche Wirkung entfalten kann. Eines der Gen-Cluster hilft U. maydis aber offenbar, die eigene Aggressivität zu zügeln. Denn der Pilz schädigte seinen Wirt sogar stärker, wenn die Wissenschaftler dieses Gen-Ensemble ausschalteten.

Ustilago maydis stellt zwar kein gravierendes Problem beim Maisanbau dar, hat sich jedoch in den letzten Jahren zu einem Modell für andere biotrophe Pilze entwickelt, von denen viele mit Ustilago maydis verwandt sind.

Originalveröffentlichung: Jörg Kämper, Regine Kahmann, Michael Bölker, Li-Jun Ma, Thomas Brefort, Barry J. Saville, Flora Banuett, James W. Kronstad, Scott E. Gold, Olaf Müller, Michael H. Perlin, Han A. B. Wösten, Ronald de Vries, José Ruiz-Herrera, Cristina G. Reynaga-Peña, Karen Snetselaar, Michael McCann, José Pérez-Martín, Michael Feldbrügge, Christoph W. Basse, Gero Steinberg, Jose I. Ibeas, William Holloman, Plinio Guzman, Mark Farman, Jason E. Stajich, Rafael Sentandreu, Juan M. González-Prieto, John C. Kennell, Lazaro Molina, Jan Schirawski, Artemio Mendoza-Mendoza, Doris Greilinger, Karin Münch, Nicole Rössel, Mario Scherer, Miroslav Vranes,Oliver Ladendorf, Volker Vincon, Uta Fuchs, Björn Sandrock, Shaowu Meng, Eric C. H. Ho, Matt J. Cahill, Kylie J. Boyce, Jana Klose, Steven J. Klosterman, Heine J. Deelstra, Lucila Ortiz-Castellanos, Weixi Li, Patricia Sanchez-Alonso, Peter H. Schreier, Isolde Häuser-Hahn, Martin Vaupel, Edda Koopmann, Gabi Friedrich, Hartmut Voss, Thomas Schlüter, Jonathan Margolis, Darren Platt, Candace Swimmer, Andreas Gnirke, Feng Chen, Valentina Vysotskaia, Gertrud Mannhaupt, Ulrich Güldener, Martin Münsterkötter, Dirk Haase, Matthias Oesterheld, Hans-Werner Mewes, Evan W. Mauceli, David DeCaprio, Claire M.Wade, Jonathan Butler, Sarah Young, David B. Jaffe, Sarah Calvo, Chad Nusbaum, James Galagan & Bruce W. Birren; "Insights from the genome of the biotrophic fungal plant pathogen Ustialgo maydis"; Nature 2006.

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