PwC-Studie: Pharmahersteller suchen verstärkt nach Partnern in Biotech-Branche

Konkurrenz durch Generika treibt Konsolidierung voran

07.07.2006

Der Konsolidierungsprozess in der globalen Pharmaindustrie setzt sich mit hohem Tempo fort. Vor allem der wachsende Konkurrenzdruck von Seiten der Generika-Hersteller zwingt die forschenden Konzerne zu verstärkten Investitionen in ihre Produktpipeline, wie aus der aktuellen Studie "Pharmaceutical Sector Insights 2005/2006" von PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor geht. Davon profitiert auch die Biotech-Branche: Volker Booten, Partner bei PwC für den Bereich Chemicals & Pharma. "Um bei der Suche nach neuen Wirkstoffen und innovativen Präparaten schneller zu Ergebnissen zu kommen, entscheiden sich wieder mehr Pharmaunternehmen neben der Zusammenarbeit über Lizenzvereinbarungen auch für die Übernahme von Biotech-Firmen."

Im Jahr 2005 stieg das Volumen der Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) in der gesamten Gesundheitsbranche (Pharmahersteller, medizinische Hilfsmittel und Dienstleistungen) auf 152 Milliarden US-Dollar von 146 Milliarden US-Dollar 2004. Zudem gab es mit 28 Transaktionen im Volumen von mindestens einer Milliarde US-Dollar mehr "Mega-Deals" als 2004 (25 Transaktionen) und 2003 (10 Transaktionen).

Schering-Übernahme stärkt Pharmastandort Deutschland

Die Pharmabranche verzeichnete im vergangenen Jahr 684 Transaktionen mit einem Wert von 61 Milliarden US-Dollar. Damit sank der Anteil der M&A-Aktivitäten im Pharmabereich gemessen am Gesamtvolumen von knapp 70 Prozent auf 41 Prozent. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass 2004 allein der Zusammenschluss von Sanofi-Synthelabo und Aventis mit einem Wert von 60 Milliarden US-Dollar zu Buche schlug.

Der größte Teil des M&A-Volumens im Pharmabereich entfiel 2005 zwar auf Transaktionen unter Beteiligung von Generika-Herstellern oder Biotech-Unternehmen. "Die Übernahme von Schering durch Bayer im Frühjahr 2006 zeigt jedoch, dass die Synergie- und Konsolidierungspotenziale auch unter den forschenden Pharmaunternehmen noch nicht ausgeschöpft sind. Zudem unterstreicht die Übernahme die Bedeutung Deutschlands als Standort der Pharmaindustrie", so Booten.

Generika-Hersteller machen Tempo

Drei der zehn größten Pharma-Transaktionen im Jahr 2005 betrafen das Generika-Segment. Die Übernahme von Ivax durch die israelische Teva sowie die Zukäufe der Novartis-Generikasparte Sandoz in Deutschland (Hexal) und den USA (Eon Labs) hatten ein Transaktionsvolumen von insgesamt rund 15,6 Milliarden US-Dollar. Ausschlaggebend für die Konsolidierungsbemühungen ist der wachsende Kostendruck. So sank der Durchschnittspreis für verschreibungspflichtige Generika im Jahr 2005 um drei Prozent, während der für Markenpräparate um zehn Prozent zulegte. Zudem setzen immer mehr Hersteller auf Zukäufe zur Internationalisierung ihres Geschäfts. Ein hervor stechendes Beispiel ist der isländische Hersteller Actavis, der 2005 in den USA für den Kauf der Generika-Sparten von Alpharma und Amide Pharmaceutical über 1,4 Milliarden US-Dollar ausgab.

"Der wachsende Konkurrenzdruck dürfte auch Generika-Herstellern aus Schwellenländern verstärkt Chancen zum Markteintritt bieten. Das gilt insbesondere für einige der größeren indischen Unternehmen", hebt Volker Fitzner, Partner bei PwC im Bereich Advisory, hervor. Im laufenden Jahr übernahm bereits der indische Hersteller Dr. Reddy's den deutschen Generika-Händler Betapharm für gut 570 Millionen US-Dollar. Durch das Vertriebsnetz von Betapharm erhält Dr. Reddy's Zugang zum deutschen und europäischen Markt, während die Medikamente weiterhin kostengünstig in Indien hergestellt werden. Pharmakonzerne nehmen Biotech wieder ins Visier

Das M&A-Volumen der zehn größten Biotech-Transaktionen kletterte 2005 sprunghaft auf 15 Milliarden US-Dollar von knapp sieben Milliarden US-Dollar im Vorjahr. War das Jahr 2004 noch stark durch Zusammenschlüsse von Biotechnologie-Unternehmen untereinander geprägt, traten Pharmakonzerne, allen voran Pfizer, GlaxoSmithkline und Novartis, wieder verstärkt als Käufer auf. Mit den Zukäufen soll Know-How in Forschung und Entwicklung gesichert und die Suche nach dringend benötigten neuen Wirkstoffen beschleunigt werden. Denn die Pharmaindustrie bringt immer weniger innovative Präparate auf den Markt: 2005 sank die Zahl der von der Federal Drug Agency (FDA) neu zugelassenen Medikamente um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die in der Impfstoff-Produktion aktiven Biotech-Unternehmen profitierten im vergangenen Jahr von der Sorge über eine mögliche Ausbreitung der Vogelgrippe. So investierte Novartis knapp 5,6 Milliarden US-Dollar in die Übernahme der Anteilsmehrheit beim US-Unternehmen Chiron und GlaxoSmithkline kaufte den kanadischen Impfstoffhersteller ID Biomedical für 1,4 Milliarden US-Dollar.

Umfeld für IPOs bleibt schwierig

Börsengänge von Unternehmen der Pharma- und Gesundheitsbranche brachten 2005 gut sechs Milliarden US-Dollar ein und damit knapp eine Milliarde weniger als ein Jahr zuvor. Vor allem für Biotech-Firmen sind die Hürden für ein erfolgreiches IPO hoch: Fitzner: "Viele Investoren betrachten Biotech-Aktien wegen der teilweise erheblichen Kursverluste nach dem Boomjahr 2000 immer noch mit Skepsis". Wegen der schwierigen Rahmenbedingungen dürften viele Biotech-Unternehmer die Übernahme durch ein Pharmaunternehmen einem Börsengang vorziehen.

Insgesamt haben sich die Finanzierungsbedingungen jedoch weiter verbessert. Standen der Pharma- und Gesundheitsbranche 2004 knapp 37 Milliarden US-Dollar aus Börsengängen, Private-Equity- und Folgefinanzierungen zur Verfügung, waren es 2005 gut 38 Milliarden US-Dollar und damit über zehn Milliarden mehr als 2003.

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