Biotechs hoffen auf Ende der Durststrecke

Geldfluß noch spärlich

08.03.2006

(dpa-AFX) - Die deutsche Biotech-Branche hofft auf ein Ende der Durststrecke. Nach kräftezehrenden Jahren mit hohen Verlusten sollen in diesem Jahr die ersten Medikamente-Kandidaten den Schlussspurt zur Marktzulassung antreten. Experten sind zuversichtlich, dass sich die Branche weiter stabilisiert und die Umsätze steigen. "Man kann noch nicht von einem Durchbruch sprechen, aber es sieht nicht schlecht aus", sagt Biotech-Expertin Julia Schüler von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Auch der jahrelange Arbeitsplatzabbau könnte allmählich zum Ende kommen. "Die Firmen blicken wieder nach vorne und wollen auch wieder Mitarbeiter einstellen."

Auf kräftigen Rückenwind von Geldgebern allerdings warten viele Unternehmen noch vergeblich, erst zaghaft wagen sich wieder Investoren an die Branche heran. "Viele Leute scheuen noch immer das Risiko", sagt Alexander Asam, Partner bei der Wagniskapitalfirma Deutsche Venture Capital. Nach wie vor herrsche eine brutale Selektion, nur aussichtsreichste Produktentwicklungen könnten auf Unterstützung hoffen. Vor allem bei kleineren Firmen dürfte der Konsolidierungsprozess daher vorerst weitergehen, erwartet die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie.

Befürchtet Insolvenzwelle bisher ausgeblieben

Die befürchtete Insolvenzwelle zumindest ist bisher ausgeblieben. Seit Jahren bleibt die Zahl der am Markt aktiven Firmen einigermaßen konstant bei rund 340, davon ist etwa ein Dutzend börsennotiert. Wer die schwierige Zeit nach Zusammenbruch des Neuen Marktes überlebt habe, sei gestärkt aus der Krise hervorgegangen, sagt Asam. "Die Firmen sind sehr kreativ und haben Überlebensstrategien entwickelt." Als nach wie vor aussichtsreichstes Geschäftsmodell gilt die Vermarktung von Technologien gepaart mit der Entwicklung eigener Medikamente. Zudem können Biotechs vom Sparkurs mancher Pharmariesen bei Forschung und Entwicklung profitieren und über Partnerschaften Projekte an sich ziehen.

Vom wieder erwachten Börsenfieber hat sich die Branche bisher nur wenig anstecken lassen. Ganze zwei Firmen wagten sich 2005 aufs Parkett, nämlich Paion aus Aachen und Jerini aus Berlin - mit eher durchwachsener Bilanz. Die Münchner 4SC wählte statt eines klassischen Börsengangs mit öffentlichem Angebot lediglich eine Notierung, ähnlich wie zuvor bereits die Schweizer Speedel. Derzeit gelten Wilex (München) und Biofrontera (Leverkusen) als potenzielle Aspiranten. "Das Börsenfenster für Biotechnologie-Firmen ist grundsätzlich offen", sagt Analyst Patrick Fuchs von der DZ Bank. Die Qualitätsansprüche des Kapitalmarktes blieben aber hoch.

"Die Biotechnologie wächst stärker als der Gesamtmarkt"

Glück hat, wer noch zu Boom-Zeiten an der Börse Geld einsammeln konnte, wie GPC Biotech aus Martinsried. Die Firma konzentriert sich derzeit auf die für 2007 angepeilte Markteinführung des Krebsmittels Satraplatin, das ihr einmal jährliche Umsätze von bis zu 500 Millionen Dollar einbringen soll. In den ersten neun Monaten 2005 gingen die Erlöse allerdings von 9,1 auf 6,5 Millionen Euro zurück, der Fehlbetrag lag mit 45 Millionen Euro rund sieben Mal so hoch wie der Umsatz. Finanzielle Flexibilität für die kostspielige Markteinführung von Satraplatin in den USA soll GPC auch der kürzlich bekannt gegebene Einstieg von SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp bringen.

Für den Experten Claus Kusnierz-Glaz von PricewaterhouseCoopers gibt es keinen Zweifel, dass die Branche grundsätzlich gute Zukunftsaussichten hat. "Die Biotechnologie wächst stärker als der Gesamtmarkt". Allerdings mangele es in Deutschland an Gründergeist und der Fähigkeit, auch schlechte Erfahrungen als Reifungsprozess verbuchen zu können. Der Vorsprung der USA, wo Quartal für Quartal rund eine Milliarde Dollar Kapital an kleine und mittelgroße Biotech-Firmen fließe, lasse sich so kaum aufholen. Auch Asam hofft, dass die Investitionen in innovative Branchen wieder anspringen. Nur so könnten zukunftsfähige Jobs in Deutschland geschaffen werden.

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