RNA - auf dem Weg zum Superstar
Ernst Schering Preis 2005 geht an RNA-Forscher Thomas Tuschl
Ribonukleinsäuren (RNA) galten lange Zeit als wenig aufregend. Doch inzwischen erleben die chemischen Verwandten der DNA in der Forschergemeinde einen Boom. Ganz offensichtlich sind ihre Aufgaben im Organismus vielfältiger, als man zunächst dachte. Ein genaueres Verständnis der Rolle der RNA in der Zelle könnte sogar Ansatzpunkte zu neuen Therapien liefern. Thomas Tuschl hat mit seinen Arbeiten dieses Gebiet maßgeblich beeinflusst.
Die Hauptaufgabe der Ribonukleinsäure sah man lange darin, dass sie - als Kopie von DNA-Abschnitten - die genetische Information einzelner Proteine aus dem Zellkern zum Ort der Eiweißsynthese übermittelt. Heute weiß man: Mit geeigneten RNA-Molekülen lässt sich gerade dieser Vorgang sogar verhindern. RNA-Interferenz heißt es, wenn die eine RNA die andere abfängt, unwirksam macht und auf diese Art Gene zum Schweigen bringt. Der Chemiker Tuschl hat als Erster gezeigt, dass dieser Mechanismus auch in menschlichen Zellen funktioniert. RNA-Interferenz ist binnen weniger Jahre ein Routinewerkzeug in den Labors geworden. So stellen Forscher einzelne Gene ab, um zu sehen, welche Funktion diese haben. Darüber hinaus fahnden sie nach einer therapeutischen Nutzung des Verfahrens. Sie versuchen beispielsweise, den Mechanismus der RNA-Interferenz einzusetzen, um gezielt solche Gene herunterzuregulieren, die fälschlicherweise aktiviert sind und zu Krankheiten führen.
Seit über zwei Jahren arbeitet der ehemalige Max-Planck-Forscher Tuschl an der Rockefeller University in New York City. Inzwischen stehen so genannte Mikro-RNAs im Mittelpunkt seiner Forschung. Das sind RNA-Schnipsel, die von den Zellen selbst gebildet werden und für eine körpereigene RNA-Interferenz sorgen. Gut 500 Mikro-RNAs haben die Forscher bereits in menschlichen Zellen entdeckt. Forscher haben darüber hinaus erste Hinweise darauf, dass bestimmte Krankheiten mit einem gestörten Mikro-RNA-Muster in Zusammenhang stehen.
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