Mineral als Formgeber: Flachgelegte Proteine

Peptide ordnen sich auf Glimmeroberflächen zu Strukturen aus flachen Nanobändern an

07.03.2005

Verbundwerkstoffe setzen sich in der Technik durch, man denke an Hybridstrukturen aus Metall und Kunststoffen, die sich in vielen Bauteilen unserer Autos verbergen. Auch die Natur arbeitet häufig mit einer interessanten Klasse von Verbundwerkstoffen: Kompositen aus Proteinen und anorganischen Verbindungen. Die Proteine haben dabei meist die Aufgabe, als eine Art Bauanleitung die mineralischen Bestandteile in eine genau definierte Struktur zu bringen. So entstehen beispielsweise die bizarr anmutenden Gerüste von Kieselalgen - oder unsere Zähne. Umgekehrt können aber auch anorganische "Unterlagen" Proteine zur Aggregation anregen, so entstehen ausgedehnte Strukturen. Die Ergebnisse eines britisch-amerikanisches Forscherteams eröffnen nun neue Perspektiven für diese Phänomene.

Bereits zuvor hatte die Gruppe um Neville Boden kleine Peptide entwickelt, die in Lösung ab einer bestimmten Konzentration ein einzigartiges Verhalten zeigen: Spontan aggregieren sie zu langen bandartigen Strukturen, die in der Dicke nur ein einzelnes Molekül messen und an Tagliatelle, Bandnudeln, erinnnern. Diese winzigen Tagliatelle sind spiralig verdrillt und neigen dazu, sich umeinander zu winden und zu komplexeren Fasern zu aggregieren.

Erstaunliches passiert, wenn eine Lösung, die einzelne Moleküle eines solchen Peptids enthält, auf eine Muskovitoberfläche gegeben wird. Muskovit ist ein Glimmer, ein schuppiges Mineral mit perlmuttartigem Glanz. In einem Selbstorganisationsprozess lagern sich die Peptide auf dem Glimmer zu langen schmalen bandartigen Strukturen zusammen. Die Bänder wachsen in der Länge immer nur so weit, bis sie ein auf anderes Band treffen, so dass eine "Monolage" entsteht. "Die Bänder sind also nicht verdrillt wie in Lösung, sondern liegen ganz flach auf der Oberfläche," berichtet Conor Whitehouse, der federführende Wissenschaftler bei diesen Experimenten, "sie müssen sich dazu aus ihrer Drillung herausdrehen. Das tun sie, wenn die Bindungsenergie zwischen Peptid und Glimmer hoch genug ist." Whitehouse: "Was die Bänder auf dem Glimmer hält, scheint eine elektrostatische Anziehung zwischen geladenen Gruppen der Peptide und entgegengesetzt geladenen Ionen des Kristallgitters zu sein."

So lange die Lösung sich auf dem Glimmer befindet, liegen die Bänder in einer Orientierung auf der Oberfläche, die deren hexagonale Kristallsymmetrie widerspiegelt. Wird das Lösungsmittel vorsichtig entfernt, verändert sich die Struktur der Peptidaggregate dramatisch. "So lassen sich unter anderem ausgedehnte dicht gepackte Monoschichten parallel angeordneter Bänder erhalten," sagt Whitehouse. "Sie eröffnen einen Weg zu Oberflächenbeschichtungen, die mit proteinartigen Funktionalitäten ausgestattet werden können."

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