Histone bekämpfen Krebszellen - SymbioTec testet Wirkung des Proteins in Phase-1-Studie
Bis vor wenigen Jahren galten Histone noch als ausschließlich passive Strukturen im Zellkern. Doch die Arbeitsgruppe um Professor Michael Zeppezauer am Institut für Biochemie der Universität des Saarlandes hatte bereits in den 80er Jahren erkannt, dass die Histone - vor allem das so genannte Histon H1 - eine weit aktivere Rolle im Organismus spielen. Wissenschaftler fanden die Proteine beispielsweise auch im Blut. Hier machen sie Krankheitserreger und Tumorzellen unschädlich, ohne gesunde Zellen nennenswert zu beeinträchtigen.
Vor der ersten Anwendung bei Patienten standen jahrelange Vorstudien im Labor und in Tierversuchen, wobei die Ungefährlichkeit des Histon H1 für gesunde Körperzellen belegt werden konnte. Damit ergibt sich ein großer Vorteil des natürlichen Proteins gegenüber bisher üblichen Chemo- oder Strahlentherapien zur Bekämpfung von Krebs.
Die vorklinischen Arbeiten und die Vorbereitung der klinischen Studien liegen in der Hand von Professor Reiner Class, dem Forschungsleiter der SymbioTec. In nur drei Jahren hat das Team der SymbioTec das Verfahren für die biotechnische Herstellung des Wirkstoffs Histon H1 entwickelt. Ein zertifiziertes Unternehmen in der Großregion Saar-Lor-Lux-Wallonie stellt den Wirkstoff für die klinische Studie her.
Die weltweit erste Histon-Studie wird von Professor Christoph Renner an der Medizinischen Klinik I in Homburg durchgeführt. Das Hauptziel ist, zunächst zu überprüfen, wie der menschliche Organismus auf das Histon H1 reagiert. Behandelt werden in dieser frühen Phase nur Leukämie-Fälle, bei denen die herkömmlichen Methoden nicht angeschlagen haben oder nicht anwendbar sind. Die meisten der in der Studie behandelten Patienten sind bereits im fortgeschrittenen Alter. Viele können eine Chemotherapie gar nicht mehr verkraften. Histone sind hier möglicherweise eine verträglichere Alternative.
Nach den ersten sieben Patienten zeigen sich die Beteiligten zufrieden mit dem Studienverlauf. Die Behandlung wird gut vertragen, und schwerwiegende Nebenwirkungen traten nicht auf. Als Erfolg versprechend werten die SymbioTec-Forscher vor allem, dass schon unter relativ niedrigen Dosierungen erste Anzeichen für die erhoffte Wirkung des Medikamentes sichtbar wurden. Im weiteren Verlauf wird es nun darum gehen, die optimale Dosis und Behandlungsdauer für die Therapie zu finden. Die SymbioTec rechnet damit, im Zeitraum von etwa 12 Monaten mit Studien der Phase 2 beginnen zu können. Hierbei kann der neue Wirkstoff bei den in der Phase 1 ermittelten Bedingungen seine Schlagkraft an größeren Patientenzahlen unter Beweis stellen.
Auch wenn die Aktivitäten der SymbioTec derzeit klar auf den Einsatz der Histone gegen Blutkrebs fokussiert sind, ergeben sich weitere mögliche Anwendungen bei Brust-, Haut- oder Prostata-Krebs, aber auch bei Sepsis (Blutvergiftung) und Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder systemischem Lupus erythematodes, teilt das Unternehmen mit.
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