Wie stark muss die Immunabwehr unterdrückt werden?
Gentests ermöglichen individuelle Dosierung von Cyclosporin nach Transplantation
Die Einführung des Medikamentes Cyclosporin, das die Immunabwehr unterdrückt, hat seit Ende der siebziger Jahre die Langzeitergebnisse von Transplantationen wesentlich verbessert. Viele Probleme in der Versorgung transplantierter Patienten gehen jedoch auf die toxischen Nebenwirkungen dieses Medikaments zurück. Zudem ist es schwierig, die individuelle Dosis zu bestimmen, die dem Patienten nicht schadet, aber dennoch wirksam eine Abstoßung des fremden Organs verhindert. Nach wie vor gebe es keine zuverlässigen und praktikablen Messgrößen für die Wirkung von Cyclosporin auf das Immunsystem einzelner Patienten, erklärt Prof. Dr. Stefan Meuer, Ärztlicher Direktor des Instituts für Immunologie. Auch der Blutspiegel, der bei transplantierten Patienten bestimmt wird, kann letztlich nur zeigen, dass das Medikament in ausreichender Konzentration verfügbar ist.
Cyclosporin hemmt das Enzym Calcineurin und unterdrückt dadurch die Aktivierung verschiedener Gene, die eine Produktion körpereigener Immunstoffe wie Interleukin-2, Interferon gamma und den Wachstumsfaktor GM-CSF auslösen. Die Heidelberger Wissenschaftler untersuchten bei mehr als 100 transplantierten Patienten, die Cyclosporin und weitere Immunsuppressiva erhalten hatten, welche Gene in Immunzellen (Lymphozyten) des Blutes durch die Einnahme dieser Medikamente unterdrückt wurden. Der Grad des Rückgangs der Genaktivität stimmte weitgehend mit dem Cyclosporin-Blutspiegel überein.
Hohe Genaktivität zeigt Abstoßung an
Jedoch gab es auch Hinweise, dass der Gentest möglicherweise zuverlässiger ist als die Blutspiegel-Bestimmung. "Bei einem Patienten, dessen Organ immer wieder abgestoßen wurde, haben wir hohe Cyclosporin-Spiegel gefunden, aber keine Abnahme der Genaktivität", berichtet Dr. Thomas Giese, Wissenschaftler am Institut für Immunologie. "Das Medikament war in diesem Fall offensichtlich wirkungslos." Außerdem konnten Patienten identifiziert werden, bei denen das Immunsystem offensichtlich zu stark unterdrückt wurde. Solche Patienten würden von einer niedrigeren Dosierung und damit geringeren Nebenwirkungen profitieren.
In einer klinischen Studie, die in Heidelberg begonnen wurde, deuten erste Ergebnisse auf die Richtigkeit dieser Hypothese hin. Professor Meuer geht davon aus, dass der Gentest künftig eine sinnvolle Ergänzung der Spiegelbestimmung werden könnte. Dadurch könnten die Dosen an den individuellen Bedarf des Patienten angepasst und sowohl Abstoßungen wie auch Nebenwirkungen reduziert werden.
Meistgelesene News
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.