Kommissar "Gen-Chip"

Jülicher Leibfried-Preis für populärwissenschaftliche Darstellung von Doktorarbeiten vergeben

24.11.2003

Jedes Jahr vergibt das Forschungszentrum Jülich den Günther-Leibfried-Preis an drei seiner Doktoranden, die ihre Forschungsarbeiten besonders verständlich aufbereitet haben und einem breiten Publikum vorstellten. Über den Sieg und 3.000 Euro konnte sich in diesem Jahr Tino Polen freuen. Der Biotechnologe war störenden Genen auf der Spur, die gentechnisch veränderte Bakterien bei ihrer Produktion von Pharmaproteinen hemmen.

Kommissar "Gen-Chip" jagt Störenfriede in Bakterien Einem Täter in biotechnologischen Prozessen ist Tino Polen auf die Spur gekommen. In seiner Dissertation am Institut für Biotechnologie (IBT 1) nahm er die Gene der Bakterienzelle Escherichia coli (E. coli) unter die Lupe, das "Lieblings-Bakterium" der Biotechnologen. Gentechnisch veränderte E. coli sind beispielsweise in der Lage, große Mengen von Insulin für Diabetiker zu produzieren. Doch es gibt einen Täter, der die effiziente Produktion von Pharmaproteinen hemmt- er lauert in den eigenen Genen der Bakterienzellen. Während E. coli Traubenzucker "verspeist" um zu wachsen, wird gleichzeitig in seinem Stoffwechsel Essigsäure gebildet, die wiederum das Wachstum der Bakterien hemmt. Bestimmte Gene sorgen nämlich dafür, das ein Teil des Zuckers in die unerwünschte Säure umgewandelt wird. Doch welche der 4000 verschiedenen Gene sind die "Störenfriede"? Tino Polen hat "Kommissar Gen-Chip" auf diesen Fall angesetzt. Gen-Chips sind kleine Glasplättchen, auf denen alle Gene einer Bakterienzelle angeordnet sind und somit alle auf einmal analysiert werden können. Anhand eines spezifischen Fluoreszenzmusters auf dem Gen-Chip konnte der Biotechnologe die Gene ermitteln, deren Genprodukte die unerwünschte Essigsäureproduktion auslösen. Tino Polen fand neun Gene, welche wenig aktiv waren, so dass die Essigsäure im Stoffwechsel zu langsam abgebaut wurde und sich anhäufte. Diese Gene müssen die Wissenschaftler nun beeinflussen, um den Säureabbau zu steigern.

Die Gen-Chips führten Tino Polen auf eine weitere Spur: Er fand heraus, dass die so genannten Flagellen-Gene, die für die Steuerung und Fortbewegung der Bakterienzelle verantwortlich sind, durch Essigsäure in ihrer Aktivität gesteigert werden. E. coli kann so schneller vor der Säure fliehen. Wie ein U-Boot von einer Antriebsschraube wird das Bakterium bei seiner Flucht von den Flagellen - fadenförmigen Anhängen - angetrieben. Dieses Verhalten konnte Tino Polen tatsächlich beobachten, als er E. coli zum Schwimmen schickte. Auf Schwimmplatten mit Essigsäure schwammen die Bakterien doppelt so schnell wie normal.

Der zweite und dritte Platz wurden für Benzin-Zusätzen im Boden und "Baum-Greisen" auf der Spur des Klimawandels vergeben.

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