Es lässt sich durchaus darüber streiten, ob nur die inneren Werte zählen oder ob es auch auf die Oberfläche ankommt. Wenn es um Arzneistoffe geht, ist jedoch klar: Die Wirksamkeit kann ganz entscheidend von der richtigen Beschichtung der Pillen und Pülverchen abhängen. Ausgeklügelte Coatings ermöglichen beispielsweise, dass die Wirkstoffe zeitlich verzögert und erst an ihrem Zielort im Organismus freigesetzt werden. Japanische Forscher um Mitsuru Akashi stellen nun einen besonders pfiffigen ultradünnen Film mit eingebautem Selbstzerstörungsmechanismus vor, der für eine kontrollierte Freisetzung des Inhalts sorgen könnte.
Der Film der japanischen Chemiker ist schichtweise aufgebaut. Er basiert auf der elektrostatischen Anziehungskraft zwischen alternierenden Schichten aus einem negativ geladenen (anionischen) Biopolymer und einem positiv geladenen (kationischen) synthetischen Polymer. Als Biopolymer wählten die Forscher Desoxyribonucleinsäure (DNA). Die äußerste der - im untersuchten Modellsystem - 17 Einzelschichten besteht dabei aus dem synthetischen Polymer. Der entscheidende Kniff: Auf diese äußerste Schicht wird eine weitere Schicht elektrostatisch aufgetragen. Sie besteht aus DNase I, einem Enzym, das DNA in kleine Bruchstücke aufspaltet. In dieser gebundenen Form ist das Enzym zunächst inaktiv. Die Selbstauflösung des Films wird ausgelöst, wenn er mit einer Lösung in Berührung kommt, die Calcium- und Magnesium-Ionen enthält. Die Ionen sättigen die negativen Ladungen des angelagerten Enzyms ab und heben so die elektrostatische Anziehung zu der darunter liegenden synthetischen Polymerschicht auf, das Enzym wird frei. Gleichzeitig aktivieren und stabilisieren die Calcium- und Magnesium-Ionen die DNase I. Nun ist sie voll funktionstüchtig und beginnt, die DNA-Schichten nach und nach zu zerschnipseln. Die DNA-Schnipsel lösen sich ab und bilden nunmehr lösliche Komplexe mit dem synthetischen Polymer. Und so zerfällt der Schichtaufbau langsam, aber sicher. Wie schnell der Auflösungsprozess von statten geht, hängt von der Konzentration der Calcium- und Magnesium-Ionen ab sowie von der Menge Enzym in der finalen Schicht.
Die einzelnen Komponenten einer nach diesem Prinzip aufgebauten Pharmaka-Beschichtung könnten beispielsweise so auf einander abgestimmt werden, dass erst die konkreten physiologischen Bedingungen, die im Zielorgan herrschen, die Auflösung der Schicht triggern.
Kontakt: Prof. Mitsuru Akashi
Department of Nanostructured and Advanced Materials
Graduate School of Science and Engineering
Kagoshima University
1-21-40 Korimoto
Kagoshima 890-0065
Japan
akashi@apc.kagoshima-u.ac.jp