Akrobatik-Duo in der Zelle

Chaperone als Faltungshelfer und Qualitätskontrolleure für andere Proteine

12.12.2017 - Schweiz

Wie ein Akrobaten-Duo verleihen sich auch einige Proteine gegenseitig Stabilität. Forscher vom Biozentrum der Universität Basel haben herausgefunden, dass das Protein «Trigger Faktor» seinen Partner anhand von instabilen, beweglichen Abschnitten erkennt und zusammen mit ihm ein stabiles Protein-Duo bildet.

University of Basel, Biozentrum

Wie ein Akrobaten-Duo – einzelne Proteine verleihen sich gegenseitig Stabilität.

Falsch gefaltete Proteine sind funktionsuntüchtig und schädigen die Zelle. Um dies zu verhindern, gibt es ein ganzes Arsenal von Proteinen – Chaperone genannt –, die als Faltungshelfer und Qualitätskontrolleuren agieren. Im Bakterium Escherichia coli schützt das Chaperon «Trigger Faktor» (TF) neu hergestellte Proteine vor einer Fehlfaltung. Die Forschungsgruppe von Prof. Sebastian Hiller vom Biozentrum der Universität Basel konnte nun erstmals zeigen, dass sich TFs auch gegenseitig erkennen und stabilisieren. So wie der einzelne Akrobat eines Duos, stehen TF-Chaperone allein auf ziemlich wackeligen Füssen. Erst als Paar finden sie eine stabile Position.

Chaperone als Faltungshelfer für andere Proteine

In einer einzigen Bakterienzelle produzieren mehr als 10'000 Ribosomen Proteine am laufenden Band. Diese Fabriken verbinden die einzelnen Bestandteile eines Proteins zu einer langen Kette und schleusen diese durch einen engen Gang nach aussen. Das Chaperon TF, welches am Ausgang des Ribosoms hängt, nimmt die frisch produzierte Peptidkette in Empfang, schirmt sie von der Umgebung ab und hilft ihr dabei, sich korrekt zu falten. Hat das Protein seine richtige räumliche Struktur gefunden, wird es vom Chaperon entlassen und kann sich seinen Aufgaben in der Zelle widmen.

Ob Akrobat oder Chaperon – nur im Duo stabil

In der Zelle sind deutlich mehr TF-Proteine als Ribosomen vorhanden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die abertausenden von Ribosomen vollständig besetzt sind und alle neugebildeten Proteine sofort abgefangen werden. Die überzähligen TF-Proteine sind jedoch keine Einzelgänger, sondern bilden wie zwei Akrobaten ein stabiles Duo mit einem Partner. Diesen finden sie dabei ganz von selbst.

«Bei den ungebundenen TF-Proteinen ist der Bereich, der sonst an das Ribosom bindet, lokal ungünstig gefaltet und daher energetisch instabil», erklärt Hiller. «Auf der Suche nach einer energetisch günstigen, stabilen Struktur, orientiert sich dieser labile Abschnitt permanent um. Die TFs sind in der Lage, solche dynamischen Bereiche eines Proteins aufzuspüren, auch untereinander.» Indem sich zwei instabile TF-Proteine zusammentun und wie Akrobaten an den kritischen Stellen verbinden, bilden sie ein stabiles räumliches Arrangement.

Chaperone erkennen dynamische Proteinabschnitte

«Die neuen Erkenntnisse über die Dynamik und die Bildung von stabilen TF-Duos erlauben wichtige Rückschlüsse auf die Funktionsweise von Chaperonen. Sie erkennen und binden nicht einzelne feste Protein-Strukturen, sondern ein dynamisches Ensemble von unterschiedlichen räumlichen Anordnungen», sagt Hiller. «Es zeichnet sich langsam ab, dass diese Funktionsweise ein allgemein gültiges Muster bei Chaperonen ist.» Diese Wirkungsweise der Faltungshelfer aufzuklären und auf atomarer Ebene zu verstehen, ist weltweit ein grosses Anliegen der Forschergemeinschaft. Denn Probleme bei der Faltung von Proteinen stehen auch in Verbindung mit verschiedenen Erkrankungen wie zum Beispiel der Stoffwechselkrankheit Zystische Fibrose, Krebs oder Alzheimer.

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