Wenn Blutsauger die Nase voll haben

27.11.2017 - Deutschland

Gelbfiebermücken verlieren ihren Appetit auf Blut, wenn man ihnen Stoffe injiziert, die ihr Gehirn normalerweise nach einer Blutmahlzeit ausschüttet. Das hat ein europäisches Forschungsteam herausgefunden, an dem eine Arbeitsgruppe der Philipps-Universität Marburg beteiligt ist. Die Befunde zeigen, wie das Verhalten von Insekten kontrolliert wird, die schwerwiegende Infektionskrankheiten übertragen. 

AG Schachtner

Appetitzügler für Blutsauger: Zellkörper und neuronale Fortsätze (Pfeile) in den Antennalloben von Mückenweibchen schütten Neuropeptide aus, in unserem Bild Allatostatin-A (grün).

Gelbfiebermücken dienen als Hauptüberträger gefährlicher Krankheiten, unter anderem von Gelbfieber und Denguefieber. Blutmahlzeiten sind eine Voraussetzung dafür, dass Mückenweibchen die Eientwicklung abschließen können; beim Blutsaugen übertragen sie Krankheitserreger auf den Wirt. „Die Wirtssuche, die zur Blutmahlzeit führt, beruht hauptsächlich auf Geruchsreizen“, erläutert der Marburger Biologe Professor Dr. Joachim Schachtner, dessen Arbeitsgruppe wesentliche Vorarbeiten zu der neuen Veröffentlichung durchführte.

Die paarigen Antennalloben bilden die ersten Verarbeitungszentren für Geruchssignale im Insektenhirn. „Diese Hirnregionen haben entscheidenden Anteil an der Steuerung von Verhaltensweisen, die auf Geruchsreizen beruhen“, führt Schachtner aus. So weiß man, dass sich nach einer Blutmahlzeit das Verhalten der Mückenweibchen verändert: Sie fliegen zum Beispiel weniger und reagieren kaum auf Signale, die von einem Wirtstier ausgehen. Auch geruchsempfindliche Neurone im Insektenhirn ändern ihre Aktivität. Sobald die Eireifung vervollständigt ist und die Weibchen ihre Eier abgelegt haben, steigt die Reaktion auf Wirtssignale wieder an.

Nach einer Blutmahlzeit werden in den Antennalloben Botenstoffe ausgeschüttet, zum Beispiel Neuropeptide, die die Verarbeitung von Geruchsinformationen und damit das Verhalten der Insekten beeinflussen. „Bisher gab es noch keine Studien, die untersuchen, welchen Effekt die Ausschüttung von Neuropeptiden in diesen Gehirnregionen auf das Blutsaugverhalten der Mücken hat“, sagt der Biologe Peter Christ, der als Erstautor der Veröffentlichung firmiert.

Die Autorinnen und Autoren nutzten das Verfahren der Massenspektrometrie, um Änderungen in der Konzentration mehrerer Neuropeptide zu verfolgen. Das Resultat: Nachdem die Mückenweibchen Blut gesaugt haben, ändert sich die Ausschüttung in den Antennalloben. Das gilt insbesondere für die Neuropeptide Allatostatin-A sowie short Neuropeptide F (sNFP und AstA).

Wie wirken diese Neuropeptide auf das Verhalten der Insekten? Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen dieser Frage mit weiteren Experimenten nach. Das Team injizierte sNFP und AstA in Mücken, die noch keine Blutmahlzeit zu sich genommen hatten und daher einen starken Hang zeigten, zum nächsten Wirt zu fliegen.

Das Ergebnis ist eindeutig: Beide Substanzen bewirken, dass sich die Wirtssuche der Tiere abschwächt. Verabreicht man eine Mischung der zwei Botenstoffe, verstärkt sich der Effekt; die Insekten zeigen so gut wie kein Interesse mehr an menschlichen Geruchssignalen – fast so, als ob sie satt wären. „Unsere Befunde legen nahe, dass die Neuropeptide Allatostatin-A und short Neuropeptide F zusammenwirken, um das Verhalten zu steuern, das vom Geruch der Wirtstiere hervorgerufen wird“, schlussfolgert das Autorenteam.

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