Wie Fettleibigkeit Brustkrebs aggressiver macht
Helmholtz Zentrum München
Die Zahl der Menschen mit hohem Übergewicht steigt weltweit rasant. Erst kürzlich berichtete das Deutsche Krebsforschungszentrum, dass sich nach WHO Schätzungen die Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas zwischen 1975 und 2016 verzehnfacht habe. Starkes Übergewicht kann zu verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt Adipositas beispielsweise auch die Entstehung von Krebs und die Bildung von Metastasen.
In der aktuellen Studie beschreiben die Forscher einen bislang unbekannten Mechanismus, der dafür sorgt, dass sich Brustkrebs stärker ausbreitet. „Dabei spielt das Enzym ACC1 eine entscheidende Rolle“, erklärt Dr. Mauricio Berriel Diaz, stellvertretender Direktor des Instituts für Diabetes und Krebs (IDC) am Helmholtz Zentrum München. Er leitete die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Stephan Herzig, Direktor des IDC und Professor für Molekulare Stoffwechselkontrolle an der TUM sowie am Universitätsklinikum Heidelberg. „ACC1 ist eine zentrale Komponente der Fettsäuresynthese“, führt Berriel Diaz aus. „Allerdings kann es durch die Botenstoffe Leptin und TGF-β an seiner Arbeit gehindert werden.“ Diese Botenstoffe treten im Blut von schwer übergewichtigen Menschen besonders häufig auf.
Fettsäurevorstufen begünstigen Metastasen
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass diese Hemmung von ACC1 dazu führt, dass sich Acetyl-CoA, eine Fettsäurevorstufe, in den Zellen ansammelt und bestimmte Genschalter (Transkriptionsfaktoren) aktiviert. Dadurch werden vor allem Gene abgelesen, die bei Krebszellen zu einer verstärkten Metastasierungsfähigkeit führen.
„Anhand von menschlichem Gewebe aus Brustkrebsmetastasen konnten wir zeigen, dass ACC1 dort signifikant weniger aktiv war“ erklärt Marcos Rios Garcia, Erstautor der Studie. Blockierten die Wissenschaftler den bisher unbekannten Signalweg mit einem Antikörper (gegen den Leptin-Rezeptor), so führte das im Versuchsmodell zu einer deutlich reduzierten Ausbreitung und Metastasierung von Brustkrebstumoren. Ob es sich dabei um eine mögliche Therapieoption handelt, müsse sich zeigen, so die Forscher.
Künftig wollen sie die Datenlage zum neu gefundenen Mechanismus in weiteren Studien erhärten. Darüber hinaus denken sie über mögliche Stellschrauben nach, durch die man therapeutisch eingreifen könnte. „Die Blockade der genannten Signalwege beziehungsweise das Abschalten der Metastasierungsgene könnten einen therapeutischen Angriffspunkt darstellen“, blickt Studienleiter Herzig voraus. „Im Rahmen einer sogenannten neo-adjuvanten Therapie könnte man schon vor der operativen Entfernung des Tumors das Risiko von Metastasen beziehungsweise des Wiederauftretens von Tumoren reduzieren.“